Samstag, 26. September 2015

Zen und Shinshu


Mein Zen-Glaube ließ mich die tiefe Verbindung, die ich seit jeher für die Shinshu-Sekte empfunden hatte, keineswegs verleugnen. Es ist unbestreitbar, daß ich mich von der Größe und Menschlichkeit von Meister Sawaki mächtig angezogen fühlte, – aber auch von der geistigen Kraft des Zazen, das leidenschaftlich zu üben ich fest entschlossen war. Dennoch blieben die Shinshu-Gebote, die mich meine Mutter gelehrt hatte, tief in mir verankert. Manchmal kam es vor, daß ich meinem Meister scherzend sagte, meine Aufgabe wäre viel einfacher gewesen, wenn ich ein Shinshu-Mönch geworden wäre, da die reine Disziplin des Zazen viel schwieriger in die Praxis umzusetzen sei als das einfache Rezitieren der Formel Namu Amida Butsu. Die überaus einfache Nahrung, mit der die Zen-Mönche vorlieb nehmen müssen, sowie die Schmerzen in den Beinen, die sie zu ertragen haben, schrecken manchen Anfänger ab. Kodo Sawaki war gar nicht böse darüber, denn er behauptete selber, daß sich die Gebote beider Sekten ergänzten. Seine Haltung beruhigte meine Befürchtungen. Gerade indem ich Zazen übte, konnte ich den Lehren, die mich von Kindheit an begleitet hatten, treu bleiben. Deshalb versuchte ich, eher als die Unterschiede zu betonen, die Gemeinsamkeiten zu entdecken, die sich dazu eignen würden, die beiden Schulen einander näher zu bringen. Dies war zu jener Zeit meine Hauptbeschäftigung.

Ich nahm an den religiösen Versammlungen, die von meinem Bruder, der ein treuer Anhänger des Shinshu geworden war, organisiert wurden, immer noch teil. Jedoch konnte ich es immer weniger unterlassen, am Wert der Shinshu-Schule, wenn ich ihre Lehre mit derjenigen des Zen verglich, zu zweifeln. In Anwesenheit von Meister Sawaki verschwanden hingegen alle diese Widersprüche. Damals erfuhr ich, daß seine erste Begeisterung für den Buddhismus von einer Tante, einer glühenden Anhängerin der Shinshu-Sekte, geweckt worden war. Er selbst hatte auch mit jenen Widersprüchen und Befürchtungen, die mich zu überfallen pflegten, geistige Kämpfe ausfechten müssen.

Da er seine Eltern sehr früh verloren hatte, wurde Meister Sawaki von einem Onkel erzogen, der ein leidenschaftlicher Spieler war. Am Abend hatte der Junge den Auftrag, die Spieler zu beobachten und dafür zu sorgen, daß sie beim Spiel nicht betrogen. Am Tage schickte ihn der Onkel weit herum, um für ihn Geschäfte zu erledigen. Nur bei seiner Tante fand der Junge Trost. Wenn er spät am Abend mit allen Aufgaben, die man ihm jeweils aufzwang, fertig geworden war, schlich er schnell in der Dunkelheit bis zu ihrem Haus, denn sie wohnte in der Nachbarschaft. Während er ihre Beine massierte, hörte er ihr zu, wenn sie die Predigt, die sie an jenem Tag im Tempel gehört hatte, aus dem Gedächtnis wiederholte. Trotz allen Aufgaben, die er hatte, gelang es ihm, selbst zum Tempel zu gehen, um sich die Predigten, die einen tiefen Eindruck auf ihn machten, anzuhören.

So erfuhr er, daß jemand, der sich vornimmt, für seinen Nächsten helfend einzuspringen, vollkommene Freiheit von egoistischen Neigungen beweisen muß. Erst nachdem er das Entsagen (Muga, Abwesenheit des Ego) in die Praxis umgesetzt hat, kann er Mönch werden. Damals fühlte er in sich das Erwachen einer Berufung, der er sich nicht mehr entziehen konnte. Leider war er gezwungen, für seine Pflegeeltern zu arbeiten.
Aus diesem Grund beabsichtigte er, auszureißen und nach Osaka zu gehen, um dort das Geld zu verdienen, das er ihnen zu schicken dachte. Gleichzeitig hatte er vor, seiner Berufung Folge zu leisten. Er war damals 16 Jahre alt.
An einem Abend, an dem der Mond nicht schien, verließ er sein Dorf. In der Nacht konnte er das sanfte und klägliche Geschrei der Wildgänse hören. Drei oder vier Tage später kam sein Pflegevater, dem es gelungen war, den Ort, an dem sich der Junge aufhielt, ausfindig zu machen, ihn in Osaka abholen mit der Begründung, er brauche ihn für sein Geschäft. Durch dieses Mißgeschick keineswegs entmutigt, faßte der Junge einen neuen Plan. Er hatte nur diese Hoffnung, sonst kümmerte es ihn wenig, ob er auf dem Weg sterben würde. Bevor er sein Dorf verließ, hatte er eine Unterredung mit dem Priester des Shinshu-Tempels. Dieser riet ihm, Zen-Mönch zu werden, da diese Sekte die Mönche nicht dazu zwang, zu heiraten. Sie waren frei zu wählen. Dies war für die Shjnshu-Mönche nicht der Fall, sie waren verpflichtet zu heiraten.
Mit siebzehn verließ Meister Sawakj endgültig seine Familie und unternahm eine lange Reise zu Fuß nach Eihei-Ji[1], einem Tempel, der weit genug entfernt war, damit man ihn nicht wieder abholen konnte. Sein Gepäck war leicht: eine oder zwei Rationen Reis und einige Yen, die ein Freund ihm hatte verschaffen können. Er lief so schnell seine Beine es ihm erlaubten fort. Auf dem Weg sandte er seiner Familie eine Postkarte, auf der er ihnen ohne große Umschweife seinen Entschluß mitteilte.
Nachdem er vier Tage und vier Nächte unter freiem Himmel verbracht hatte, kam er endlich mit leerem Magen in Eihei-ji an. Er mußte aber zwei volle Tage ohne Essen und Trinken innerhalb der Tempelmauern ausharren, da die Mönche, die ihn für einen Bettler hielten, sich sträubten, ihn anzuhören. Nach längerem Zögern war der Vorsteher endlich einverstanden, ihn als Tempeljungen anzustellen. Der Junge war so dankbar, daß er in der folgenden Nacht nicht schlafen konnte. Selbst im Alter erinnerte er sich gelegentlich an die Überraschung und die Freude, die er damals empfunden hatte. Die Bauern aus der Nachbarschaft verfertigten ihm eine Mönchskutte, indem sie Stücke von gebrauchten Kleidern zusammennähten.
aus Teisen Deshimaru, Autobiographe eines Zen-Mönchs, Theseus Verlag Zürich, 2. Aufl. 1990, S. 148ff.



[1] Von Dogen gegründeter Tempel. Dogen hat das Soto Zen in Japan eingeführt.

Feuerpause! Sprüche des ZEN Meisters Kodo Sawaki - Eine audiovisuelle Meditation {40:00}

alpavaria
Am 18.07.2018 veröffentlicht 
Kôdô Sawaki Rôshi (1880-1965)
gilt als einer der wichtigsten
Zen-Meister des 20. Jahrhunderts.
Sein Tempel Antaiji wird heute
vom deutschen Abt Muhô geleitet.
Diese audiovisuelle Meditation, unterlegt mit Naturgeräuschen und Klangschalen-Sounds enthält eine kleine Auswahl der ZEN-Sprüch des Meisters Kodo Sawaki.
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Freitag, 25. September 2015

Regieren Psychopathen unsere Welt?

Ask yourself: Is it possible that these were isolated lapses in judgment? In other words, was this the only time Dominique Strauss-Kahn went after the help, or the only instance of Arnold Schwarzenegger cheating on his wife and exploiting those beneath him? Not too likely. And it’s surely not the only time Gingrich has excused his own bad behavior as a side effect of patriotism – while simultaneously trashing the basic humanity of a political opponent.



If these are patterns, why are millions so fascinated, often even seduced, by people whose behavior actually points to pathology? Perhaps we are wired to be attracted by psychopaths, sociopaths, narcissists, people so focused on their own central role in whatever takes place that the rest of us are sucked into their reality.



Think about entering a portal and emerging into the head of Donald Trump. What could that level of self-absorption be like? Begin by imagining a complete lack of empathy, one of the tell-tale signs of the psychopath.



Is Trump a psychopath? Well, he does score well on a 20 item checklist. And are there more psychopaths around us than we think? Not just serial killers and the violent type, but successful, powerful psychopaths who will do anything to win and affect our lives in profound ways?

The checklist, a way to help identify potential psychopaths among us, was developed by Bob Hare, a prison psychologist who conducted remarkable experiments and eventually codified his findings. Jon Ronson has provides an excellent history and analysis in his new book, The Psychopath Test.

mehr:
- Schwarzenegger, DSK, and Gingrich: Do We Have Psychopaths Misruling Our World? (Greg Guma, Alternet, 19.05.2011)

siehe auch:
- Ärzte halten Strauss-Kahn für selbstmordgefährdet (Die Welt, 18.05.2011)
- Dominique Strauss-Kahn: Freigesprochen, aber politisch tot (Georg Blume, ZEIT Online, 12.06.2015)
Seine berechtigte Strafe hat der große Zampano, den die Franzosen immer noch familiär-vertraulich DSK nennen, trotzdem längst erhalten. Denn jedes Mal, wenn er vor Gericht stand, nahm die Öffentlichkeit Kenntnis von seinem brutalen sexuellen Verhalten gegenüber Frauen, die ihm sozial weit untergeordnet waren. Das war im Mai 2011 so, als die New Yorker Staatsanwaltschaft den prominenten IWF-Chef und französischen Präsidentschaftsanwärter vor den Augen der ganzen Welt noch am Tag seiner angeblichen Tat festnehmen und vor Gericht führen ließ. Damals hatte ihn ein Zimmermädchen des New Yorker Sofitel-Hotels beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben.

- What Were They Thinking? Chicago Psychoanalyst Arnold Goldberg on Anthony Weiner and Dominique Strauss-Kahn (Chicago Magazine, 10.06.2011)
“These are not moral issues,” [Psychoanalyst Arnold Goldberg] told me in a telephone conversation late Thursday in which he tried to make sense of why Anthony Weiner and Dominique Strauss-Kahn aimed a wrecking ball at their own futures. “These are psychological illnesses…..Everyone jumps on them and beats them up because they think they are bad people….These are not moral deviations and they’re not biological dysfunctions.”

- Health & Families The difference between a psychopath and a sociopath (30.07.2015)
Most of us, fortunately, will never meet a Hannibal Lecter, but psychopaths and sociopaths certainly do exist. And they hide among us. Sometimes as the most successful people in society because they’re often ruthless, callous and superficially charming, while having little or no regard for the feelings or needs of others.

These are known as “successful” psychopaths, as they have a tendency to perform premeditated crimes with calculated risk. Or they may manipulate someone else into breaking the law, while keeping themselves safely at a distance. They’re master manipulators of other peoples’ feelings, but are unable to experience emotions themselves.


- Psychopathen in der Chefetage – Zeitbomben mit Schlips (Heiner Thorborg, SPON, 09.04.2015)
Das ist natürlich alles richtig, spart aber aus, was Bertelsmann-Urgestein Reinhard Mohn das "auffällig häufige menschliche Versagen aufgrund stark übertriebener Eitelkeit" nannte: Viele Probleme in der Wirtschaft gehen auf Menschen mit psychischen Problemen zurück, insbesondere auf Narzissten und Psychopathen.

Beiden Typen ist gemeinsam, dass sie so mit dem eigenen Ich beschäftigt sind, dass sie die Befindlichkeiten anderer nicht wirklich berühren. Forscher sagen, in Chefetagen sei der Anteil der Psychopathen sechsmal höher als im Bevölkerungsdurchschnitt. […] Auch empfiehlt Kets de Vries Stille und Muße - etwas, das viele Top-Manager kaum noch erleben. Doch ohne Stille und Tagträume gibt es auch keine Reflexion und schon gar keine Kreativität. Paul McCartney träumte sein berühmtes "Yesterday" und Albert Einstein von der Relativitätstheorie. Am Ende geht es darum, sich selber besser kennenzulernen und sich bewusst zu werden, welchen Effekt das eigene Verhalten auf andere hat.

Das Problem ist: Genau das interessiert narzisstische und psychopathische Typen kaum. Zumal die psychologische Eskalation eher zunimmt, wenn ein Mensch mächtiger wird. Die Forscher sagen: "Je höher jemand auf der Karriereleiter steigt, desto mehr dreht er oft psychopathisch auf." Daher hilft nur Aufklärung und das scharfe Bewusstsein - gerade unter Aufsichtsräten -, dass der Charismatiker im CEO-Sessel möglicherweise ein erfolgreicher Psychopath ist oder zumindest ein Narziss.

Und da hilft nur eines: gesundes Misstrauen. Wenn bei einem Top-Dog immer nur die anderen schuld sind, wenn er sofort angreift, sobald er bei einem Menschen eine Unsicherheit spürt, wenn alle Appelle an gesunden Menschenverstand oder Kaufmannsehre versagen und nur gehört wird, was dem Eigenwohl dieses Chefs dient - dann hat ein Aufsichtsrat es unter Umständen mit einer tickenden Bombe im Anzug zu tun.

Solche Leute darf man nicht decken oder schützen, und man sollte schon gar nicht auf Einsicht und Umkehr hoffen. Solche Leute kann man nur feuern. Ganz emotionslos.


- Raubtiere ohne Kette (Frank Thadeusz, SPON, 15.04.2013)
In diesem Zustand übersteigerten Selbstvertrauens spielten die Experimentatoren Dutton ein Video mit gräuslichen Inhalten vor; zu sehen waren in dem Film Menschen, die gefoltert, verstümmelt und hingerichtet wurden. Duttons unmittelbare Reaktion auf die Horrorschau: "Um ehrlich zu sein, fällt es mir schwer, ein Lächeln zu unterdrücken", bekundete er gegenüber dem Laborpersonal.

Messergebnisse bestätigten, dass der Zustand moralischer Fragwürdigkeit nicht gespielt war. Duttons Herz schlug ruhig, seine Gehirnströme zogen trotz der gezeigten Gewaltexzesse in sanften Wellen dahin. Die Transformation war geglückt. Für einige Momente betrachtete der englische Psychologe die Welt mit ähnlicher Gewissenlosigkeit wie jene merkwürdig Gestörten, deren seelische Abgründe er erforscht: Psychopathen.

"Diese Menschen können ihre Opfer mit so viel Anteilnahme foltern und verstümmeln wie unsereiner, wenn er eine Weihnachtsgans tranchiert", sagt Robert Hare. Um 1980 herum entwickelte der kanadische Psychologe erstmals ein Instrument, mit dem sich Psychopathen einigermaßen zuverlässig identifizieren lassen. Seine Checkliste wird bis heute in der US-Psychiatrie verwendet. […]

Weit oben auf der Liste, auf Platz acht, liegen auch die Geistlichen - wenig überraschend, findet Dutton: "Psychopathen tun sich immer dort hervor, wo es dynamische Machtstrukturen gibt, die sie kontrollieren und manipulieren können. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Kirche nicht von anderen Unternehmen."

Verwundert notierte der Wissenschaftler allerdings, wie wenig Berührungsängste die Befragten mit dem Persönlichkeitstest hatten. Darauf angesprochen, dass sie in der Psychopathie-Skala ziemlich weit oben liegen, reagierten die Betroffenen in der Regel völlig entspannt. "Die meisten sagen nur: ,Das überrascht mich überhaupt nicht. Ich könnte meinen Job gar nicht machen, wenn es anders wäre.'"

Den Unterschied zwischen einem psychopathischen und einem normalen Unternehmenslenker fasst Dutton so zusammen: "Ein normaler Mensch würde sich in der Toilette einschließen und kotzen, wenn er gerade eine Milliarde versemmelt hätte. Der Psychopath geht unverdrossen nach Hause und denkt nicht mehr daran."


- "Psychopathen-Experte" Kevin Dutton - Selber Psychopath oder nützlicher Idiot? (Sott.net, 29.11.2013)
Kevin Dutton ist ein Mainstream-"Psychopathen-Experte" und forscht an der Universität Oxford. Und was das Thema Psychopathie in Deutschland betrifft, ist er ein sehr gut gelesener "Rockstar", bis hin zu vorderen Plätzen bei einer Bestsellerliste und die Buchrezensionen sind überwältigend. Doch was denkt dieser "Experte" über Psychopathen? Das soll in diesem Artikel beantwortet werden.


Man hat die Geschichten vieler großer Persönlichkeiten immer als Erfolgsgeschichten herausragender Talente erzählt. Aber womöglich sind es zugleich Krankengeschichten. Dann müsste man sich zwei Fragen stellen: Ist Genie und Wahnsinn doch ein und dasselbe? Muss man ein Abweichler sein, um Besonderes zu leisten?
[
Kerstin Bund, Marcus Rohwetter, Irre erfolgreich: Wahnsinns-Typen, ZON, 14.08.2013]

Freitag, 18. September 2015

Strukturniveau

Strukturniveau ist ein in der Psychoanalyse verwendeter Begriff, der von Heinz Kohut im Rahmen der von ihm entwickelten Selbstpsychologie geprägt wurde,[1] und die in den 1960er und 70er Jahren als Weiterentwicklung der klassischen Psychoanalyse entstand. Auch die psychoanalytischen Objektbeziehungstheorien verwenden den Begriff.

Die Erfassung des Strukturniveaus einer Persönlichkeit lässt eine erweiterte Beschreibung psychischer Störungen zu, über die Konfliktpathologie – also die Unfähigkeit, unbewusste Konflikte adäquat lösen zu können – hinausgehend. Auf Kernberg geht die Unterscheidung in hohesmittleres und niedriges Strukturniveau zurück, womit jeweils ein unterschiedlicher Entwicklungsstand bzw. Reifegrad der psychischen Funktionen und der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen beschrieben wird. Als Strukturelle Störungen werden psychische Störungen bezeichnet, in denen die Verfügbarkeit über psychische Funktionen eingeschränkt ist, die für die Organisation des Selbst und seine Beziehungen zu inneren und äußeren Objekten erforderlich sind, meistens als Folge frühkindlicher Beziehungsstörungen. Die Beschreibung des Strukturniveaus einer Persönlichkeit und die Diagnose von Strukturpathologien, wie sie beispielsweise in der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik entwickelt wurde, stellt eine wichtige Grundlage der aktuellen psychodynamischen Diagnostik dar.  [Strukturniveau, Wikipedia]

- Strukturdimensionen nach OPD (Karl C. Mayer, Neuro24)
- Arbeitsblatt zur Bestimmung des Strukturniveaus (BerichtOnline)
- Das strukturelle Interview in Psychoanalyse und tiefenpsychologischer Psychotherapie (Hans-Jürgen Fercher, Vortrag, Salzburger Arbeitskreis für Psychoanalyse, 18.06.2010)
- Strukturbezogene Psychotherapie. Leitfaden zur psychodynamischen Therapie struktureller Störungen (Gerd Rudolf, Buchvorstellung, Deutsches Ärzteblatt, 102/103, 2005)
Strukturbezogene Psychotherapie. Leitfaden zur psychodynamischen Therapie struktureller Störungen (Gerd Rudolf, GoogleBooks)
- Wie ich Psychodynamische Psychotherapie mache: Übertragung - Gegenübertragung (Mathias Lohmer, Lindauer Psychotherapiewochen, 2010)
- Strukturelle Störung in kleinianischer Psychoanalyse: Eine Falldiskussion (Strukturbezogene Psychotherapie. Leitfaden zur psychodynamischen Therapie struktureller Störungen (Gerd Rudolf, GoogleBooks)

Donnerstag, 10. September 2015

Begeisterung …

Neue Erkenntnisse der Hirnforschung – Wie Eltern lernen können, sich selbst und ihre Kinder zu begeistern 

Leider können sich Erwachsene nur vereinzelt an ihre ersten Kindheitserlebnisse erinnern. Erinnern an dieses Glücksgefühl, mit dem sie sich als kleines Kind auf den Weg gemacht haben, die Welt zu entdecken. Sie können sich kaum entsinnen an diese unglaubliche Offenheit, Gestaltungslust und Entdeckerfreude. Sie haben nur eine getrübte Vorstellung von dieser den ganzen Körper durchströmenden Begeisterung über sich selbst und über all das, was es damals zu entdecken und zu gestalten gab. Wären diesen Erinnerungen präsenter, wären viele Sorgen, Probleme und Nöte des Erwachsenseins gar nicht existent.

Leider ist vielen Erwachsenen genau das, weitgehend verloren gegangen was einem Kind die pure Lebensfreude vermittelt: die Begeisterung. Zwanzig bis fünfzig mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu, verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht, die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert worden sind.

Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein selbsterzeugtes Doping abläuft. So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und Umbauprozesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das: Das Gehirn entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt wird.

mehr:
- Begeisterung … ist Doping für Geist und Hirn (Gerald Huether, Datum unbekannt)

„Begeistern statt entgeistern!" - Prof. Dr. Gerald Hüther im Gespräch [22:14]

Veröffentlicht am 01.05.2014
Der Göttinger Gehirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther plädiert für eine Abkehr von der Egozentrik im Denken für die Nutzung der menschlichen Begeisterungsfähigkeit. -

Das heute in unserer Gesellschaft gepflegte Menschenbild ist eher „maschinenähnlich": Wir bemühen uns darum, Gedanken von Gefühlen zu trennen, und legen schon in der schulischen Ausbildung Wert auf den „reinen Intellekt", wobei der Erwerb von Wissen unabhängig vom Erleben des Kindes stattfinden soll; wir setzen den Begriff Seele mit Gehirntätigkeit gleich und stellen den freien Willen in Frage. Und nicht selten beruft man sich bei diesem „modernen Menschenbild" auf die Gehirnforschung. Dabei könnten deren Erkenntnisse zu ganz anderen Schlüssen führen - wie aus diesem Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Hüther, einem der bekanntesten Gehirnforscher Deutschlands, deutlich wird.

Dieses Gespräch mit Prof. Gerald Hüther fand für die Filmproduktion „Die Macht der Gedanken" statt.

Sonntag, 6. September 2015

Nach Drogen-Experiment: Ermittlungen dauern an

Was hat sich bei dieser Tagung in Handeloh (Landkreis Harburg) am Freitag bloß abgespielt? Diese Frage bleibt vorerst ungeklärt. Denn noch immer sind die Teilnehmer nicht vernehmungsfähig. 29 Menschen, den Angaben zufolge Ärzte, Homöopathen und Heilpraktiker aus dem gesamten Bundesgebiet, hatten bei einem Seminar offenbar mit Drogen experimentiert - und zwar mit illegalen Halluzinogenen. Sie verursachten einen Großeinsatz der Rettungskräfte. Die Polizei vermutete zunächst, sie hätten "2C-E" eingenommen, auch "Aquarust" genannt. Die Droge ist in Deutschland seit Ende 2014 verboten. Doch sicher ist das nicht. Es könnte sich auch um ein anderes Rauschmittel handeln, um welches, müssten chemische Untersuchungen klären, doch die würden an diesem Wochenende nicht mehr stattfinden. Nun ermittelt die Polizei: Es bestehe der Anfangsverdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, hieß es am Sonnabend. 
mehr: 
- Nach Drogen-Experiment: Ermittlungen dauern an (NDR, 06.09.2015) 

Heilpraktiker unter Drogen lösen Großeinsatz aus Massenvergiftung auf Kongress [1:22]

Veröffentlicht am 05.09.2015
Den Einsatzkräften kommen torkelnde Menschen entgegen - es ist ein Großalarm für die Rettungskräfte: In einem Tagungszentrum in Niedersachsen erleiden mindestens 29 Heilpraktiker und Ärzte eine Drogenvergiftung. Sie kommen mit Wahnvorstellungen, Krämpfen und Herzrasen ins Krankenhaus. Jetzt droht ihnen ein Strafverfahren.
Beachte auch den Kommentar!

siehe auch:
- Heilpraktiker vergiften sich mit Drogen (Abendblatt, 05.09.2015)
- Rätselhafte Massenvergiftung mit Drogen: Dutzende Verletzte in Niedersachsen (Südkurier, 04.09.2015)
- Massenvergiftung mit Drogen in Niedersachsen (FAZ.net, 05.09.2015)
- Tagungsteilnehmer vergifteten sich selbst mit Drogen (n24, 05.09.2015)
- Kreis Harburg – Heilpraktiker im Vollrausch (FAZ.net, 05.09.2015)
- Der Großeineinsatz in Inzmühlen: Seminarteilnehmer nahmen Partydroge 2C-E – Polizei leitet Strafverfahren ein (Kristian Stemmler, Buchholz Express, 05.09.2015)

Aktualisierungen:
- Therapeutisches Drogenexperiment: Massenrausch von Handeloh – Seminarleiter im Visier (Neue Osnabrücker Zeitung, 29.09.2015)
- Massenrausch war wohl therapeutisches Drogenexperiment (Stimme, 25.09.2015)

zur Erinnerung:
- Die seltsamen Methoden des Therapeuten Garik G. (Die Welt, 20.09.2009)

mein Kommentar:
Vorsicht mit Abkürzungen!
Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht.

Samstag, 5. September 2015

Was ist Wahrheit? – Zum Begriff der Wahrheit in europäischen und indischen Traditionen

Warum wollen wir nach „Wahrheit“ streben, ist dies sinnvoll, wo sich doch im Alltäglichen Wahrheit und Unwahrheit als nützlich erweisen? Ist die Wissenschaft so sicher, dass sie nach Wahrheit strebt – und nicht etwa z.B. nach Macht? So jedenfalls fragt Friedrich Nietzsche. Was soll es überhaupt heißen, wenn wir etwas als »wahr« bezeichnen? Schon die Formulierung des Gegenteils lässt mehrere Möglichkeiten zu: falsch, unwahr, gelogen, das ist doch nicht wahr (im Sinne von: das darf doch nicht wahr sein!), unecht . Diese Beispiele zeigen, dass wir aus dem Gegenbegriff zum Wahren einen höchst vielschichtigen Wahrheitsbegriff erwarten können, und ich möchte auf nur zwei Aspekte eingehen: den philosophisch-erkenntnistheoretischen Wahrheitshorizont und die religiöse Erfahrung der Wahrheit.

Zum philosophischen Wahrheitsbegriff in der europäischen Tradition 


Nicht nur der Wahrheitsinhalt, sondern die Form der Wahrheitssuche ist historisch bedingt. Wir können in der Geschichte des abendländischen Denkens sehr allgemein drei Phasen hinsichtlich der Entwicklung des Wahrheitsverständnisses unterscheiden:

- die onto-theologische von den Vorsokratikern bis zu den Realisten des Mittelalters,
- die subjektivitäts-zentrierte von den Nominalisten bis zum Idealismus,
- die sprachanalytische seitdem.

mehr:
- Was ist Wahrheit? – Zum Begriff der Wahrheit in europäischen und indischen Traditionen (Michael von Brück, "Tibet und Buddhismus" – Zeitschrift für tibetischen Buddhismus im Westen, Tibetisches Zentrum)
Die Begriffe, die wir benutzten, erzeugen illusionäre Eindeutigkeit, insofern sie auf „Dinge“ hinweisen, die so gar nicht gegeben sind. Begriffsbildungen können also praktisch nützlich sein, sie beschreiben aber nicht die Welt, wie sie ist. Die relative Gültigkeit von Aussagen hat dennoch im praktischen Leben erhebliche Bedeutung.
Buddhistische Philosophie - Gespräch mit Michael von Brück [55:12]

Veröffentlicht am 13.05.2015
Ein Gespräch mit dem Religionswissenschaftler Michael von Brück unter der Leitung von Norbert Bischofberger: Der Buddhismus lädt die Menschen dazu ein Achtsamkeit, Güte und Toleranz einzuüben und gegenseitige Abhängigkeit aller Lebewesen anzuerkennen. Die Begegnung mit dem Buddhismus kann in einer Welt ohne Mass zu neuem Denken und Handeln anregen und führen. Davon ist der Religionswissenschaftler Michael von Brück überzeugt. Der Yoga-und Zenlehrer gibt im Gespräch Einblick in die Welt der buddhistische Philosophie und berichtet von seinen eigenen Erfahrungen mit der indischen Geisteswelt und ihrer faszinierenden Verbindung von tiefer Frömmigkeit und intelektueller Schärfe.

Bewusstsein – Ich – Selbst - Wer oder was meditiert ? - Michael von Brück [58:23]

Veröffentlicht am 12.05.2015
Michael von Brück ist ein deutscher evangelischer Theologe und Zen- und Yoga-Lehrer. Bis zu seiner Emeritierung Ende des Sommersemesters 2014 leitete er den Lehrstuhl für Religionswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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