Diese Leichtigkeit, mit der die Tänzerin im Video über das Parkett schwebt, der Rhythmus, ihr Ausdruck. Ständig sehe ich Menschen im Internet, die singen, steppen, die Dinge können, die ich auch können möchte. Aber ich werde es nicht mehr schaffen. Nicht in diesem Leben. Neuerdings schiebt sich in diesen Momenten meine sechsjährige Tochter vor mein inneres Auge. Sie tanzt Ballett, wie ich es in diesem Leben nicht mehr lernen werde. Das Tutu sieht an ihr viel besser aus als an mir. Vielleicht lernt sie Gitarre? Yoga? Beginnend in diesem frühen Alter könnte aus ihr ein zweiter Swami Sivananda werden. Was ich mir nicht alles vorstellen kann, beim Winken dieser trügerischen Hoffnung: Könnte sie vielleicht das Talent, den Ehrgeiz, die Bauchmuskeln entwickeln, die ich nie haben werde?
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- Wenn Kinder die Träume ihrer Eltern verwirklichen sollen (Marie Amrhein, Cicero, 20.12.2015)
Aber da gibt es ja noch die Kinder, die es nach dem Willen vieler Eltern "einmal besser haben" sollen. Genauer lautet der Auftrag an die Kinder: Sie sollen es nicht besser haben, sondern sie sollen alles besser machen! So sind viele Kinder gleichzeitig auch Kinder der Verheißung, die ein schweres, eigentlich unerfüllbares Erbe mit auf den Lebensweg bekommen, an dem sie scheitern. (Überanstrengte Kinder der Versöhnung, Wolfgang Scherf, Zarte Sehnsucht, süßes Hoffen, S. 5, Word-Dokument, Download ganz unten auf der Seite)