Stabil und von äußeren Einflüssen weitgehend unabhängig: So betrachten wir gemeinhin unsere Identität. Im Laufe jahrzehntelanger Forschung und therapeutischer Praxis bin ich allerdings zu der Überzeugung gelangt, dass wirtschaftliche Veränderungen nicht nur auf unsere Wertvorstellungen, sondern auch auf unsere Persönlichkeit großen Einfluss haben. 30 Jahre neoliberales Wirtschaften, immer weiter dereguliert wirkende Marktkräfte und Privatisierung fordern ihren Tribut. Gnadenloser Erfolgsdruck ist zur Norm geworden. Die neoliberale Leistungsgesellschaft fördert bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und bestraft andere.
Bestimmte Eigenschaften sind für das berufliche Weiterkommen heute unabdingbar. Am wichtigsten ist es, sich gut ausdrücken zu können, denn man muss so viele Menschen wie möglich für sich gewinnen. Der Kontakt kann dabei nur oberflächlich sein, das fällt nicht weiter auf. Schließlich trifft dies heutzutage auf die meisten zwischenmenschlichen Kontakte zu.
Des Weiteren muss man sich und die eigenen Fähigkeiten „gut verkaufen“ können – man kennt viele Leute, verfügt über jede Menge Erfahrung und hat erst vor kurzem ein größeres Projekt beendet. Wenn sich später herausstellt, dass das meiste davon heiße Luft war, ist dies lediglich der Ausweis für eine andere nützliche Eigenschaft: Man ist in der Lage, überzeugend zu lügen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Deshalb übernimmt man auch nie Verantwortung für sein Verhalten.
Außerdem ist man flexibel und impulsiv, immer auf der Suche nach neuen Anreizen und Herausforderungen. In der Praxis führt das zu riskantem Verhalten, aber keine Sorge – nicht man selbst wird hinterher die Scherben zusammenkehren müssen.
mehr:
- Der neoliberale Charakter (Der Freitag, 24.10.2014)
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Hochgeladen am 15.04.2008
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Veröffentlicht am 02.10.2014
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Ausschnitt aus einem Gespräch mit C.G. Jung aus dem Jahr 1960 (34 Min.) hier: https://www.youtube.com/watch?v=yBIhN...
aktualisiert am 10.11.2014