Samstag, 4. Juni 2016

Die Demokratien zerlegen sich selbst

Politikverdrossenheit: die semantische Verlogenheit eines Begriffs
In repräsentativen Demokratien wirkt eine geradezu unheimliche, säkulare Dynamik der Selbstzerstörung, die es in anderen politischen Strukturen in dieser Nachhaltigkeit und Wirkmächtigkeit nicht gibt. Sie entfaltet in diesen Tagen, Wochen und Monaten ihre verhängnisvolle Wirkung und löst in den meisten Ländern der Europäischen Union eine Krise des politischen Willensbildungsapparats aus, an deren Ende der totale Zusammenbruch oder das allmähliche Abgleiten der Demokratien in präfaschistische Strukturen stehen könnte.


Der Erosionsprozess begann vor Jahrzehnten in den 1950er und 1960er Jahren fast beschaulich. Bis dahin beherrschten Weltanschauungsparteien die politische Szene. Sie waren Sammelbecken ideologischer Orientierung, kraftvoller Ausdruck sozialer Lagen und gesellschaftlicher Lager. Das gab ihnen Fundament, Farbe, Idee, Ethos, Antrieb und Personal. Ihre Anhänger verstanden sich selbst dann noch als Gesinnungsgemeinschaften, als sie das schon längst nicht mehr waren.

mehr:
- Die Demokratien zerlegen sich selbst (Wolfgang J. Koschnick, 05.06.2016)

mein Kommentar:
Koschnick spricht von Verlogenheit und unterstellt damit eine böse Absicht.
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Eine Lüge ist eine Aussage, von der der Sender (Lügner) weiß oder vermutet, dass sie unwahr ist, und die mit der Absicht geäußert wird, dass der oder die Empfänger sie trotzdem glauben[1] oder auch „die (auch nonverbale) Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrecht zu erhalten.“[2]Lügen dienen dazu, einen Vorteil zu erlangen, zum Beispiel um einen Fehler oder eine verbotene Handlung zu verdecken und so Kritik oder Strafe zu entgehen. Gelogen wird auch aus Höflichkeit, aus Scham, aus AngstFurchtUnsicherheit oder Not(„Notlüge“), um die Pläne des Gegenübers zu vereiteln oder zum Schutz der eigenen Person, anderer Personen oder Interessen (z. B. PrivatsphäreIntimsphäre, wirtschaftliche Interessen), zwanghaft/pathologisch oder zum Spaß. [Lüge, Wikipedia]
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Niemand würde jemandem, der seinen kleinen Kindern etwas vom Storch oder vom Osterhasen erzählt, eine böse Absicht unterstellen: 
Es ist für alle klar, daß Eltern ihren Kindern für bestimmte Vorgänge und für ihr Lebensgefühl in dieser Welt ein für diese aushaltbares Wirklichkeitsbild zu vermitteln und eine »süßere« Realität herzustellen versuchen.

Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Geschichte »Nachts schlafen die Ratten doch« von Wolfgang Borchert:


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Nachts schlafen die Ratten doch folgt einer Grundstruktur der Geschichten Borcherts, in denen die Protagonisten nach Károly Csúri von einem Anfangszustand „in einem noch harmonischen Stadium virtuell-zeitloser Geborgenheit“ über einen Zwischenzustand „zeitlich historischen Ausgestoßenseins“ durch die „Hilfe ambivalenter Vermittlungsfiguren“ in einen Endzustand erneut „virtuell-zeitloser Geborgenheit (oder Schein-Geborgenheit)“ gelangen.[9] Dabei liegt laut Hans-Gerd Winter der Anfangszustand eines heilen Familienlebens für Jürgen zu Beginn der Erzählung bereits in der Vergangenheit. Sein Rauchen beweist, wie sehr die Umstände den Neunjährigen schon über das Stadium der Kindheit haben hinauswachsen lassen. In diesem Übergangszustand der Geschichte wird immer wieder die Überforderung des Jungen sichtbar, seine daraus resultierende Unsicherheit und Ängstlichkeit. Er ist ein Vertreter jener Generation, die Borchert in seinem Text Generation ohne Abschied beschrieb als „die Generation ohne […] Behütung – ausgestoßen aus dem Laufgitter des Kindseins“.[10] Erst der Mann verhilft dem Jungen zur Rückkehr in die Kindheit und einen Zustand des Behütetseins. Im Endzustand der Geschichte ist dem Jungen wieder eine Zukunftsperspektive geboten, ohne dass jedoch sämtliche Fragen des künftigen Überlebens geklärt wären.[11] [Nachts schlafen die Ratten doch, Interpretation, Grundstruktur, Wikipedia]
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