Sonntag, 31. Juli 2016

Der Streit um die Deutung: Toxische Männlichkeit oder kranke Gesellschaft

Toxisch David S. und Anders Breivik: Wie man nun weiß, war auch der Amokläufer von München rechtsextrem. Mit dem Norweger verbindet ihn aber noch mehr

Als der Amoklauf von David S. am vergangenen Freitag neun Todesopfer forderte, war es genau fünf Jahre her, dass Anders Behring Breivik bei seinen Anschlägen in Oslo und Utøya 77 Menschen ermordet hatte. Für den Münchner Polizeipräsidenten Hubertus Andrä war bereits am nächsten Tag klar, dass David S. dieses Datum nicht zufällig gewählt hatte. Denn es ist nicht die einzige Verbindung zwischen dem 18-jährigen Schüler und dem Rechtsterroristen.

Laut Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch gab ein 16-jähriger Junge, der letzten Sommer gemeinsam mit David S. in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde, zu Protokoll, David S. habe Breivik verehrt. Außerdem soll er ein Foto des Norwegers in seinem Whatsapp-Profil verwendet haben. Und schließlich habe David S., erklärte LKA-Chef Robert Heimberger, ähnlich wie Breivik eine Art Manifest hinterlassen. Stellt sich lediglich die Frage, ob David S. Breivik "nur" als eine Art perverses Vorbild betrachtete, als jene kaltblütige Tötungsmaschine, die er selbst sein wollte, oder ob es auch ideologische Überschneidungen gibt.

mehr:
- Männlichkeit und die Lust am Töten (Nils Markwardt, Freitag-Community, 27.07.2016)
siehe auch:
- Warum sich ein Iraner als Arier fühlt (Ramon Schack, Cicero, 29.07.2016)

mein Kommentar:
Vorsicht mit Sprache und Schubladen! »Lust am Töten«? Mit solchen Einkategorisierungen werden scheinbare Kausalitäten hergestellt. Dies spricht für mehr oder weniger verzweifelte Versuche, Zusammenhänge möglichst schnell zu verstehen! Wenn ich von einer »kaltblütigen Tötungsmaschine« rede, ignoriere ich das furchtbare Leiden, welches zu solchen schwer nachvollziehbaren Taten führt!

Das Massaker von Norwegen - Anatomie eines Amoklaufs [43:09]

Veröffentlicht am 03.01.2013
Reportage Doku
Globaler Terror gegen den Islam und Muslime!

Breivik trial video: 'Norway killer' claims self-defense, cries in court [4:26]

Veröffentlicht am 16.04.2012
Anders Behring Breivik is on trial on terror and murder charges. He's behind a bomb-and-shooting massacre that killed 77 people, he admits to the acts, but pleads not guilty to criminal charges. Anders Breivik showed no emotion as the prosecutor read out the horrific details of his victims' deaths in Norway. However, when his propaganda video created for YouTube was shown in court, he broke down crying. The prosecutor said Breivik was playing World of Warcraft (WoW) "full-time" between the summer of 2006 and summer 2007. He went on to describe it as a violent game. When a screenshot of his WoW character was shown on the screen Breivik smiled.

mein Kommentar:
Was unterscheidet einen Massenmörder wie Breivik von 

A) Firmen, deren Schiffe in den Gewässern vor Somalia regelmäßig Giftmüll verklappen?

siehe dazu:
- Piraterie vor den afrikanischen Küsten und ihre Ursachen (Edward A. Ceska, Michael Ashkenazi, Bundeszentrale für politische Bildung, 07.08.2009)

B) der EU, die mit Strafzöllen Kenia dazu gezwungen hat, seinen Markt für europäische Produkte zu öffnen – mit dramatischen Folgen (siehe EPA, Wikipedia)

siehe dazu:
- Rücksichtsloses Abkommen (Report Mainz, 04.11.2014) und
- EPA – TTIP für Arme und die Werte des »alten Europa« (Post, 23.09.2015)
- Abkommen, die Afrika seiner Chancen berauben (Mark Engelhardt, WOZ, 25.06.2015)
- EPA: Wie das neue Freihandelsabkommen mit der EU der afrikanischen Wirtschaft schadet (Angela Schweizer, Uni.de, 20.01.2016)
- Der Kannibalismus und die Doppelzüngigkeit des Westens (Post, 16.11.2014)

C) dem westlichen Verteidigungsbündnis, welches am 22.07.2011 die Röhrenfabrik für das Great-Man-Made-River-Projekt bombardierte und damit die Hälfte der libyschen Bevölkerung von der Trinkwasserversorgung abschnitt?

siehe dazu:
Das Great-Man-Made-River-Projekt (Angelika Gutsche, Freitag Community, 13.05.2015)
NATO bombs the Great Man-Made River (Human rights investigations, 27.07.2011)
Folgen "humanitärer Interventionen" ‒ das Beispiel Libyen (Joachim Guillard, Nachgetragen, 06.12.2015, als PDF)
Operation Nordafrika – Die Nato-Bestien sind gekommen - Wie einem Land Nordafrikas die 'Menschenrechte' gebracht werden (Anneliese Fikentscher, Andreas Neumann, Arbeiterfotografie, 18.11.2011)
- Öl, Kontrolle und Ideologie – Libyen und der neue Imperialismus (Ingar Solty, Sozialismus 5/2011, zu finden auf der Seite der AG Friedensforschung)
- Kolonialkrieg gegen Afrika - Der Krieg gegen Libyen (Joachim Guillard, junge Welt, 27./28.07.2011, zu finden auf der Seite der AG Friedensforschung)
- Krieg gegen Libyen – Ursachen, Motive und Folgen (Lühr Henken, AG Friedensforschung, 08.06.2011)