Freitag, 22. August 2014

Prostitution – Von der Rolle

Prostitution Wer sein Geld als Sexarbeiterin verdient, wird ausgegrenzt. Kann ein Kunstevent daran etwas ändern? Ein Selbstversuch 

Die Musik läuft erst ein paar Sekunden, als die Person rechts von mir beginnt, sich aus ihrem glitzernden Bodysuit zu schälen. Auch links von mir wird sich eifrig jeglicher Kleidung entledigt. Schnell sind fast alle um mich herum nackt. Mit Öl, Blut oder Joghurt beschmiert, wälzen sie sich auf dem Boden. Ihr Stöhnen und Ächzen vibriert durch den Raum. Ich bin verblüfft, mit so viel Körperlichkeit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin Teil eines sogenannten Hurenrituals der US-amerikanischen Performancekünstlerin und Sexaktivistin Annie Sprinkle. Ich knie auf dem Boden der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel und bekritzle Karteikarten – in meiner Rolle als Hure. 

Eine Woche bevor SPD und Union ihre Verhandlungen zur Regulierung des Prostitutionsgesetzes fortsetzen wollen, hat die Kulturfabrik im Rahmen ihres Sommerfestivals zur dreitägigen Konferenz Fantasies That Matter. Images Of Sexwork In Media And Art geladen. Die Veranstaltung ist vom feministischen Missy Magazine mitkuratiert, und sie ist als künstlerisch-politische Intervention in der Debatte gedacht. Zuletzt war die Debatte pro und contra Sexarbeit im vergangenen Herbst wieder lebendiger geworden, nachdem Alice Schwarzer mit Emma eine Kampagne zum Verbot der Prostitution gestartet hatte. In Performances, Vorträgen und Diskussionen sollen jetzt in Hamburg die gesellschaftlichen Vorstellungen und Mythen von Sexarbeit noch einmal näher ausgeleuchtet werden.

mehr: Von der Rolle (Der Freitag, 22.08.2014)

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