Sonntag, 6. Juli 2014

Achtsamkeit ist unangenehm

Nur seinen eigenen Gedanken folgen zu müssen, strengt Menschen offenbar so stark an, dass sie sich lieber mit Elektroschocks die Zeit vertreiben 

Es ist die klassische Pose: Ein Mann, sitzend, leicht vornübergebeugt, das Kinn auf die rechte Hand gestützt. "Der Denker", vom französischen Bildhauer Auguste Rodin zwischen 1880 und 1882 aus Bronze gegossen, könnte für eine Eigenschaft stehen, die den Menschen über seine Welt erhebt: das Grübeln über die eigene Existenz. Wie realistisch diese Vorstellung ist, zeigt vielleicht schon die Tatsache, dass Rodin als Modell keinen Intellektuellen wählte, sondern einen im Rotlichtmilieu bekannten Ringer und Boxer.

mehr:
Elektroschocks statt Nachdenken (Matthias Gräbner, Telepolis, 03.07.2014)
In einem abschließenden Versuch hatten die mit ihren Gedanken allein gelassenen Probanden im Labor die Möglichkeit, sich während der fraglichen Zeit unangenehme Elektroschocks versetzen zu lassen. Tatsächlich wählte zwei Drittel der Studienteilnehmer diese Option innerhalb von 15 Minuten Denkzeit mindestens einmal. […]

Warum fällt es Menschen derart schwer, mit ihren Gedanken allein zu sein? Vielleicht, weil sie dabei auf ihre eigenen Unzulänglichkeiten gestoßen werden? Diese These konnten die Forscher durch eine Analyse der Probanden-Berichte widerlegen. […]

Die Forscher vermuten, dass aus diesem Grund Techniken wie Meditation so beliebt sind: Sie helfen dabei, beim Nichtstun die Gedanken in bestimmte Richtungen zu lenken.
mein Kommentar:
Solche Forscher lobe ich mir: eine solch außerordentlich hohe Kompetenz im verstehenden Durchdringen des Forschungsgegenstandes! Motto: Wir haben zwar keine Ahnung, aber wir vermuten mal drauf los!
Merke: Intelligenz schützt vor Dummheit nicht!


»Ein Intellektueller ist ein Mensch, dessen Geist sich selbst beobachtet.« (Albert Camus)



Man beachte auch die Kommentare: köstlich!

zuletzt aktualisiert am 04.02.2016