Samstag, 25. November 2017

Walser und Augstein - Vater und Sohn

Mit Mitte 30 erfuhr Jakob Augstein, dass nicht SPIEGEL-Gründer Rudolf Augstein sein leiblicher Vater ist, sondern der Schriftsteller Martin Walser. Aus ihrem Kennenlernen haben Vater und Sohn ein Gesprächsbuch gemacht - es umkreist die entscheidende Frage.


Der Sohn war fast vierzig Jahre alt, der Vater fast achtzig, als sie sich zum ersten Mal trafen. Es war in einem Hotel in München, der Sohn saß in der Halle und wartete, der Vater kam die Treppe herunter. "Ich fand, dass du sehr groß bist", erinnert sich der Sohn. "Und ich fand dich mir ähnlich", der Vater.

Das ist mehr als zehn Jahre her. Der Sohn heißt Jakob Augstein, er wuchs im Glauben auf, der Sohn des SPIEGEL-Gründers Rudolf Augstein zu sein. Der Vater ist Martin Walser.

Jetzt sind wir hier am Bodensee, bei den Walsers zu Hause in Nußdorf. Nicht weit von hier, in Wasserburg, ist Walser aufgewachsen. Jakob Augstein in Hamburg, fern von hier. Ein blauweißer Herbsttag. Die tief stehende Sonne lässt den See leuchten.

Die beiden haben sich in den vergangenen zwölf Monaten regelmäßig in München und hier getroffen, um sich zu unterhalten, für ein gemeinsames Buch, ein Gesprächsbuch. Es sind vor allem Fragen des Sohnes an den Vater. Eine Art nachgeholtes Kennenlernen. Ein Sohn will wissen: Wo komme ich her? Was ist meine Geschichte? Was für ein gemeinsames Leben haben wir verpasst? Augstein ist in diesem Buch ein neugierig Fragender, ein Urteilender, ein Bestärkender, ein Neidender und am Ende einer, der mit seinen wichtigsten Fragen doch allein bleibt. Vielleicht alleine bleiben muss.

mehr:
- Jakob Augstein und Martin Walser – Ein Sohn will wissen: Wo komme ich her? (Volker Weidermann, SPON, 25.11.2017)

Plötzlich Vater und Sohn: Martin Walser und Jakob Augstein veröffentlichen Buch {5:40}

Am 25.11.2017 veröffentlicht
Nachrichten
Plötzlich Vater und Sohn: Martin Walser und Jakob Augstein veröffentlichen Buch
Sie sind Vater und Sohn. Martin Walser (90), der Schriftsteller, und Jakob Augstein (50), der Publizist. Von ihrem Verwandtschaftsverhältnis wiss...
Videos können inhaltsbasiertes Urheberrecht verwenden. (https://www.youtube.com/yt/copyright/)

Jakob augstein und martin walser {10:20}

Am 26.11.2017 veröffentlicht
Юлия Константиновна
Jakob Augstein und Martin Walser 
Der Sohn war fast vierzig Jahre alt, der Vater fast achtzig, als sie sich zum ersten Mal trafen.

Walser und Augstein: Literarische Familienzusammenführung | Capriccio | BR Fernsehen

Am 05.12.2017 veröffentlicht
Bayerischer Rundfunk
Die Sensation war perfekt. 2009 wurde öffentlich, dass Martin Walser und Jakob Augstein Vater und Sohn sind. Also schrieben sie drüber. "Das Leben wortwörtlich" - so heißt ihr gemeinsames Buch.
Capriccio im Internet: http://www.br.de/capriccio
Autor: Andreas Lueg

Günter Gaus im Gespräch mit Rudolf Augstein (1972) {44:08}

Veröffentlicht am 09.09.2014
Leonard Dietrich
Sendung "Zu Protokoll" vom 17.09.1972.
"Zur Person" war eine deutsche Fernseh-Sendereihe, in der Günter Gaus Prominente, insbesondere Politiker, interviewte. 1963 wurde die erste Sendung ausgestrahlt. Ab 1965 wurde die Reihe unter der Bezeichnung "Zu Protokoll" im SWR, ab 1980 im WDR unter "Deutsche" weitergeführt. 1990 erhielt sie beim DFF wieder den Titel "Zur Person". Von 1992 bis 2003 wurde sie unter demselben Titel im ORB ausgestrahlt, der 2003 im RBB aufging. In 40 Jahren wurden über 200 Interviews geführt.
Günter Gaus zählte zu den bedeutendsten Journalisten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Geboren 1929 in Braunschweig als Sohn eines Obsthändlers, wuchs er ebenda heran. Nach einem abgebrochenen Studium der Germanistik und Geschichte in München, widmete er sich für viele Jahre gänzlich der journalistischen Tätigkeit. Zunächst blieb diese ausschließlich auf das Zeitungswesen beschränkt, so arbeitete er als Redakteur u.a. für Spiegel und SZ, später gestaltete er die (anfangs) ZDF-Sendereihe "Zur Person" nach Angebot Hans Herbert Westermanns, des Hauptabteilungsleiters für Politik und Zeitgeschehen beim ZDF, der verschiedene von Gaus verfasste Portraits in der SZ gelesen hatte und so zur Idee einer eigenen Sendung gekommen war. Von 1974 bis 1981 war Gaus Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR.
Gaus, der durch Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs geprägt war, begegnete nach eigener Aussage jeglichen Ideologien mit Ablehnung, so auch dem Verhalten der US-amerikanischen Regierung und ihrer Verbündeten nach dem 11. September 2001. Nachdem Gerhard Schröder den Amerikanern die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands zusicherte, trat Gaus aus der SPD aus. Er starb nach langer Krankheit im Jahre 2004 in Hamburg.
Buchempfehlung:
Günter Gaus: Widersprüche - Erinnerungen eines linken Konservativen
Käuflich zu erwerben gibt es diese und weitere Folgen "Zur Person" bzw. "Zu Protokoll" hier:
http://www.amazon.de/G%C3%BCnter-Gaus...
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Sonntag, 12. November 2017

Achtsamkeit im Neoliberalismus: Warum nicht?!

Was ist dran an der Idee der Achtsamkeit, die gerade wieder einmal als Idee durch die Lande gereicht wird, welche vor Überlastung schützen könnte?

Die Optimierung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit mit pharmazeutischer Hilfe hat unter dem Namen Doping vorwiegend im Sport inzwischen einen durchaus zweifelhaften Ruf erhalten. Dennoch hält die Nachfrage nach Methoden zur Leistungsoptimierung weiter an. Zu groß ist der Wettbewerbsdruck am Arbeitsmarkt. Greifen die einen zu digitalen Auswertung der Körperfunktionen und richten ihr tägliches Leben weitestgehend an diesen Messergebnissen aus, so kommt auf der anderen Seite die Idee der Achtsamkeit wieder zum Zuge.

Rund um die Uhr vernetzt und immer erreichbar hetzt der moderne Mensch durch den Tag. Innehalten ist kaum noch möglich. Zu sehr besteht die Angst, irgendetwas Wichtiges zu verpassen. Doch die Entscheidung, was wichtig ist, wird schon längst anderen überlassen.

Auch wenn der Begriff Achtsamkeit im Deutschen einen leicht esoterischen Klang hat, geht die Vorstellung der Achtsamkeit auf die Lehre Siddhartha Gautamas zurück, der um 500 v. Christus in Nordindien lebte. Nach Europa kam die Vorstellung der Achtsamkeit in erster Linie über den vietnamesischen buddhistischen Mönch Thích Nhất Hạnh sowie über den US-amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn.

Beide Linien haben sich dabei von den fernöstlichen Vorstellungen durchaus gelöst. Thích Nhất Hạnh lebte über viele Jahre im französischen Exil und adaptierte in diesem Zusammenhang auch westliche Vorstellungen und so verwundert es wenig, dass sich seine Bücher in der Hauptsache an westliche Leser wenden.

Bei Jon Kabat-Zinn wurde die Idee der Achtsamkeit vom buddhistischen Ursprung gelöst und über mehrere Jahrzehnte in der Arbeit mit Kranken eingesetzt, die in vielen Fällen als von der Schulmedizin austherapiert galten. Durch die Übung der Achtsamkeit konnte zumindest deren Lebensqualität verbessert werden. Daneben wurden Achtsamkeitsübungen auch als Mittel gegen Burnout eingesetzt. Auf dieser Erfahrung setzte dann auch die Arbeit mit Menschen auf, die ihre Lebensqualität verbessern wollten, ohne im medizinischen Sinne krank zu sein.

mehr:
- Achtsamkeit als Gegenentwurf zur zunehmenden Digitalisierung? (Christoph Jehle, Telepolis, 12.11.2017)
siehe auch:
- »Die Freiheit wird eine Episode gewesen sein« (Post, 15.11.2017)
- Time is Money? Über Achtsamkeit und #digitaldetox in Zeiten der Selbstoptimierung (Anne Jerratsch, Netzpiloten, 06.01.2017)
- KenFM-Spotlight: Prof. Rainer Mausfeld über das Menschenbild des Neoliberalismus (KenFM, 27.12.2016 – beachte auch die Kommentare!)
- Slavoj Zizek, Hinnerk Polenski, Westlicher Buddhismus, Personal Power Coaching und gendergerechtes Chi-Spezialtraining (Post, 22.05.2016)
- Die Lehre und Praxis der Achtsamkeit als Antwort auf die Krise der westlichen Lebensform (Franz Johannes Litsch, Vortrag an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Freiburg, 25.11.2015 – Link zum kompletten Audiomitschnitt des Vortrages)
- Oh Gott, der Papst: “WIR CHRISTEN HABEN ETWAS SEHR SCHÖNES, EINE HANDLUNGSANLEITUNG, EIN REVOLUTIONÄRES PROGRAMM, KÖNNTE MAN SAGEN.” (Post, 24.12.2014)
- Ärztliches Handeln und die Kultur des Mitgefühls (Luise Reddemann, Vortrag gehalten auf dem Kongress „Achtsamkeit und Mitgefühl in Psychotherapie und Gesundheitsvorsorge“. 14.-16. Juni 2013 Universität Freiburg/Breisgau, gefunden auf ihrer Seite, PDF)
- Von der Revolution zur "Erleuchtung" und zurück (Simon, Graswurzelrevolution, April 2013)
- Kreative Achtsamkeit und ihre Hemmnisse – Ein Interview mit Karl-Heinz Brodbeck von Sandra Winzer (Teil 1) (Benjamin Köhler, Tischlein, deck dich!, 02.11.2012)
Kreative Achtsamkeit und ihre Hemmnisse – Ein Interview mit Karl-Heinz Brodbeck von Sandra Winzer (Teil 2)
- Interview mit Karl-Heinz Brodbeck über "Die Herrschaft des Geldes" (http://PatrickSeabird.blogspot.de, Dezember 2012)
- Diplomarbeit: Das Geld in der Neoklassik (Patrick Siebert, auf seiner Seite, 10.08.2011)
- L'État c'est moi (I) – Die Kultur der Achtsamkeit (Harald Welzer, taz, 05.09.2009)
- DIE FRAGWÜRDIGEN GRUNDLAGEN DES NEOLIBERALISMUS Wirtschaftsordnung und Markt in Hayeks Theorie der Regelselektion (Karl-Heinz Brodbeck, auf seiner Seite, Datum unbekannt)
- Texte zur Lehre des Buddha (Buddhanetz.org)

Buddhismus und Kapitalismus - WDR {5:28}

Buddhas Lehre
Am 23.02.2018 veröffentlicht 
...Auf meiner Google+ Seite ( Sammlungen ): https://plus.google.com/+BuddhasLehre... ) findet ihr auch buddhistische Texte, Zeitschriften, Bücher ( PDF ) zum Lesen, Downloaden und Teilen - sowie Filme zum Thema Buddhismus !
Wenn ihr nach etwas, zu einem bestimmten Thema sucht: einfach fragen ! Ich schaue, ob ich etwas dazu habe. ►► Alle TEXTE und BÜCHER ( ehemals auf Google + ) zum Lesen und Downloaden: https://drive.google.com/open?id=1A_C... !!!

Psychopolitik - Neoliberalismus & die neuen Machttechniken - Byung-Chul Han - Buchvorstellung {7:42}

Wahret Einheit
Am 11.08.2017 veröffentlicht 
Buchvorstellung Byung-Chul Han:
Psychopolitik - Neoliberalismus & die neuen Machttechniken
Nicht sonderlich rosige Aussichten und sehr karge Lösungsansätze, dennoch wichtig mal so umfassend zur Kenntnis genommen zu werden.

Brodbeck in Marburg: Die implizite Ethik der Mainstream Ökonomie {1:45:51}

Veröffentlicht am 30.10.2016
Plurale Ökonomik
Im Rahmen der Ringvorlesung "Das Ende der Alternativlosigkeit der Wirtschaftswissenschaften" an der Phillips-Universität Marburg, welche im WiSe 2015/2016 stattfand, hat Prof. Dr. Karl-Heinz Brodbeck einen Vortrag über die implizite Ethik der Mainstream-Ökonomie im Kontext der aktuellen Krisensituation gehalten.

Die Gier zügeln - Buddhistische Wirtschafts-Ethik - Dr. Karl Heinz Brodbeck {27:37}

Veröffentlicht am 29.10.2015
Buddhas Lehre
( Radio SRF ) «Das Geld ist eine kollektive Illusion» oder „die Verblendung des Geistes", diese Ausdrücke benützt der Wirtschaftsethiker Karl-Heinz Brodbeck, wenn es um die heutige Ökonomie geht. Die Grundlagen für seine Kritik entnimmt er dem Buddhismus und will damit die Menschen zu eigenem Denken anregen.
Mit Buddhistischer Wirtschaftethik beschäftigte sich Karl-Heinz Brodbeck schon vor der aktuellen Wirtschaftskrise. Er bezweifelt, dass der Markt immer recht habe. Das sei eine naive Idealisierung. Stattdessen müssten Werte wie soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit ins Wirtschaften einfliessen. Der Buddhismus lehrt ihn, dass die Gier zu zügeln sei, dass man lernen müsse loszulassen und genügsamer zu sein. Der Buddhismus ist für ihn nicht nur eine Religion, sondern auch ein Denksystem.
- Zwei Texte von K.H. Brodbeck:
"Karl-Heinz Brodbeck über Ärger. Alles nur falsch interpretiert ?":
https://plus.google.com/+BuddhasLehre... &
"Erkenntnis und Meditation ( Das Schwert der Weisheit und die Kraft der Stille in der Lehre des Buddha )":
https://plus.google.com/+BuddhasLehre...
...Auf meiner Google+ Seite ( https://plus.google.com/+BuddhasLehre... ) findet ihr weitere buddhistische Texte, Zeitschriften, Bücher ( PDF ) zum Lesen, Downloaden und Teilen !
Wenn ihr nach etwas, zu einem bestimmten Thema sucht: einfach fragen ! Ich schaue, ob ich etwas dazu habe.

aktualisiert am 29.08.2019

Sonntag, 5. November 2017

Schule und Lernen: Wenn Du den Sumpf trockenlegen willst, darfst Du nicht die Frösche fragen

PRECHT, Richard David Precht im Gespräch mit Gerald Hüther, Macht Lernen dumm? {42:50}

Veröffentlicht am 12.12.2016
Quantum Healing

siehe auch:
- Sozialkunde bei Oberlehrer Precht (seriousguy, Freitag-Community, 04.09.2017)
- TV-Premiere: Precht macht dumm (Maximilian Probst, ZON, 03.09.2012)
- Talksendung mit Precht: Der große Schlagabflausch (Ariane Lemme, taz, 03.09.2012)
- Philosophie-Talk im ZDF: Precht ab (Sebastian Hammelehle, SPON, 30.08.2012)

Freitag, 3. November 2017

Gelassenheit, die förderliche innere Haltung

Eine optimale innere Haltung ist annehmend und gelassen. Tatsächlich ist aber allzu oft das Gegenteil der Fall.

Abträglich sind wertende, urteilende und verurteilende Haltungen: »Das war nicht gut genug.« »Ich scheine besser zu werden.« »Ich bin wieder schlechter.« » Jetzt läuft es gut.« Auch vergleichende Betrachtungsweisen sind nicht förderlich: »Heute Morgen war es besser, jetzt ist es schlechter.« »Der Mann, der unbeweglich vor mir sitzt, hat sicher eine bessere Meditation als ich.« Abträgliche Haltungen können kritisch sein, klagend, fordernd oder aggressiv.

Zum Glück gibt es auch förderliche Haltungen, mit denen wir der Erfahrung des Moments begegnen können: interessiert, offen, annehmend, liebevoll, gelassen. Es sind schlicht andere Qualitäten des Gewahrseins. Sofern wir mit solch hilfreichen Einstellungen präsent sind, wird die Meditation einfacher, leichter und klarer. Dabei müssen wir Acht geben, nicht zu versuchen, möglichst die richtige Einstellung hinzukriegen und uns jedes Mal, wenn wir die falsche haben, dafür zu verurteilen.

Hilfreicher ist es, nicht nur verstandesmäßig zu wissen, was förderlich ist, sondern immer wieder bewusst zu erleben, was nützliche und was schädliche Umgangsweisen mit uns machen. Wenn wir dies tun, findet ein Erkennen statt, welches diese inneren Haltungen von selbst in positiver Richtung transformiert. In diesem Sinne können wir der Achtsamkeit, dem Gewahrsein und der Erkenntnis zutiefst vertrauen. Dieses Erkennen und Lernen findet immer dann statt, wenn wir wirklich an der direkten Erfahrung interessiert und mit ihr präsent sind - immer und immer wieder von neuem.

Interessiert und gelassen, weil wir verstehen wollen

Die Moment-zu-Moment-Erfahrungen werden hier nicht aus »sicherer Distanz« betrachtet, sondern in unmittelbarem Kontakt: mit der Wärme oder Kälte der Körperempfindung, dem Pulsieren, dem Vibrieren oder dem Stechen und Zerren. Wenn die Empfindungen unangenehm sind, ist das genauso akzeptabel, wie wenn sie angenehm oder neutral sind. Wir spüren, was ist - dabei bleiben wir offen und heißen die gegenwärtige Erfahrung willkommen.

Wenn wir beim Atem sind, hegen wir keine Vorstellungen darüber, wie er sein sollte. Es mag angenehm sein, wenn er tief und fließend ist, aber es ist genau so richtig, sollte er kurz und gepresst sein. Manchmal ist er kurz, manchmal ist er lang, manchmal schnell und manchmal langsam. Auch der Körper fühlt sich einmal gut an und ein andermal überhaupt nicht. Unser Job ist es, interessiert und möglichst gelassen in Kontakt damit zu sein. Wir praktizieren nicht, um bestimmte erwünschte Erfahrungen hinzukriegen, sondern um Gewahrsein, Gelassenheit und Erkenntnis zu kultivieren.

Gelassen bedeutet hier, sich nicht gegen unangenehme Erfahrungen zu sträuben und auch nicht zu versuchen, mehr angenehme hervorzubringen. Sollten wir dies trotzdem tun – was sehr wahrscheinlich ist, da wir immer lieber mehr Angenehmes und weniger Unangenehmes haben möchten, – nehmen wir auch dies mit freundlicher Gelassenheit wahr. Dabei spüren wir, wie sich Sträuben oder Festhalten, Ablehnung oder Verlangen, Unruhe oder Ruhe anfühlen und was sie in uns bewirken. Und wir stellen fest, dass diese Reaktionen ebenfalls nur für kurze Zeit andauern und dann wieder vergehen. Sind wir auch diesen Erfahrungen gegenüber offen und entspannt?

Wir müssen uns immer wieder erinnern: Es geht um achtsames Gewahrsein. Es geht darum, zu sehen und zu erfahren, wie die Dinge wirklich sind, wie sie entstehen, sich verändern und wieder verschwinden – und nicht darum, bestimmte Erfahrungen zu produzieren und andere zu vermeiden. Wenn wir wirklich interessiert sind und in einer wohlwollenden, willkommen heißenden Art präsent, werden sich die Dinge früher oder später in heilsamer Weise verändern. Weil wir ihnen in heilsamer Art und Weise begegnen. Der burmesische Vipassanā-Lehrer U Tejaniya Sayādaw schrieb in seinem Buch Awareness alone is not enough:

»Wir praktizieren, weil wir verstehen wollen. Manche Leute scheinen die Wirkung des achtsamen Gewahrseins nicht wirklich zu schätzen. Sie glauben, das Wesentliche in der Meditation seien die Objekte, die Erfahrungen, die sie betrachten. Aber die Objekte, die Erfahrungen, spielen nicht wirklich eine Rolle. Manche verbringen viel Zeit damit, über die Resultate nachzudenken. Sie möchten angenehme, friedvolle Zustände, sie möchten Entzücken. Wenn sie das hinkriegen, haften sie an diesen Zuständen. Der große Wert der Meditation liegt nicht in dieser Art von Resultaten, wie erfreulich sie auch immer sein mögen. Der wirkliche Wert der Meditation liegt im eigentlichen Prozess des achtsamen Gewahrseins, um zu erkennen und zu verstehen, was geschieht. Dieser Prozess ist wichtig, nicht die Erfahrungen und Zustände! Wir üben uns in Gewahrsein, weil wir verstehen wollen.«*

Versuchen wir's!
... stille Meditation ...

Wenn ihr den Klang der Glocke hört, betrachtet dies bitte nicht als Signal für das Ende der Gewahrseinsübung. Das Läuten der Glocke bedeutet nur, dass die Sitzmeditation zu Ende ist, nicht aber das achtsame Gegenwärtigsein. Wir verändern die Körperhaltung, stehen auf und wechseln zur Gehmeditation. Die Praxis bleibt das kontinuierlich achtsame Gewahrsein. Ich möchte euch sehr ans Herz legen, die Zeit der Gehmeditation wirklich zu nutzen. Danke.

*Ashin Tejaniya, Awareness Alone is Not Enough, Questions and Answers with Ashin Tejaniya, http://sayadawutejaniya.org/teachings/

 Fred von Allmen in: Mahāmudrā und Vipassanā: Gewahr Sein. Retreat-Unterweisungen
siehe auch:
- Weil wir verstehen wollen (Fred von Allmen)

Gelassenheit - Fred von Allmen {36:31}
Veröffentlicht am 14.09.2015
Buddhas Lehre
Ein zentraler Begriff der buddhistischen Geistesschulung ist Upekkhā („Gleichmut“), einer der vier Grenzenlosen Geisteszustände (Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut). Zum Bedeutungsspektrum dieses Begriffs gehören auch Gelassenheit, Nicht-Anhaften, Nicht-Unterscheiden, Loslassen. Diese Art von Gelassenheit soll die „Weisheit der Gleichheit“ zum Ausdruck bringen, das heißt die Fähigkeit, alle Menschen als gleich zu betrachten und keine Unterschiede zwischen sich selbst und anderen zu machen. Der Geisteszustand der Gelassenheit hat also zur Voraussetzung, die dualistische Unterscheidung zwischen sich selbst und anderen zu unterlassen.
Fred von Allmen studiert und praktiziert seit über vierzig Jahren unter Lehrenden der tibetischen Dzogchen- und Gelug-Traditionen sowie der Theravada Vipassana-Tradition. Seit 1984 lehrt er – auf der Basis einer altruistischen Motivation des Mitgefühls – einen Praxis-Weg zur befreienden Erkenntnis von Herz und Geist. Er ist Autor der Bücher 'Die Freiheit entdecken' (Arbor), 'Buddhismus' (Theseus), 'Mit Buddhas Augen sehen' und 'Buddhas tausend Gesichter' (beide Steinrich) und ist Mitbegründer des Meditations­zentrums Beatenberg.
...Auf meiner Google+ Seite ( https://plus.google.com/+BuddhasLehre... ) findet ihr auch buddhistische Texte, Zeitschriften, Bücher ( PDF ) zum Lesen, Downloaden und Teilen !
Wenn ihr nach etwas, zu einem bestimmten Thema sucht: einfach fragen ! Ich schaue, ob ich etwas dazu habe.

Fred von Allmen Interview Teil 1 {12:07}

Veröffentlicht am 26.10.2016
dharma edu
Fred von Allmen - Dharma Praxis - 4 Interviews  

Prof. Dr. Gerald Hüther - Gelassenheit hilft: Anregungen für Gehirnbenutzer {41:58}

Veröffentlicht am 05.04.2012
demographienetzwerk

Wilhelm Schmid: Gelassenheit {1:32:04}

Veröffentlicht am 08.11.2016
AKVorarlberg
Gelassenheit ist in jeder Lebensphase ein Gewinn, insbesondere aber beim Älterwerden, wenn das Leben schwieriger und ärmer zu werden droht. In seinem Bestseller „Gelassenheit“ schreibt Wilhelm Schmid: „Ich bin nicht im Besitz der Gelassenheit, aber sie erscheint mir erstrebenswert, um ein schönes Leben führen zu können. Gelassenheit zu gewinnen, ist vielleicht überhaupt erst im Laufe des Älterwerdens möglich: Es fällt leichter, gelassen zu werden, wenn nicht mehr alles im leben auf dem Spiel steht und die Hormone sich etwas beruhigt haben, der Schatz der Erfahrungen größer, der Blick weiter, die Einschätzung von Menschen und Dingen treffsicherer geworden ist.“