Leider können sich Erwachsene nur vereinzelt an ihre ersten Kindheitserlebnisse erinnern. Erinnern an dieses Glücksgefühl, mit dem sie sich als kleines Kind auf den Weg gemacht haben, die Welt zu entdecken. Sie können sich kaum entsinnen an diese unglaubliche Offenheit, Gestaltungslust und Entdeckerfreude. Sie haben nur eine getrübte Vorstellung von dieser den ganzen Körper durchströmenden Begeisterung über sich selbst und über all das, was es damals zu entdecken und zu gestalten gab. Wären diesen Erinnerungen präsenter, wären viele Sorgen, Probleme und Nöte des Erwachsenseins gar nicht existent.
Leider ist vielen Erwachsenen genau das, weitgehend verloren gegangen was einem Kind die pure Lebensfreude vermittelt: die Begeisterung. Zwanzig bis fünfzig mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu, verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht, die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert worden sind.
Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein selbsterzeugtes Doping abläuft. So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und Umbauprozesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das: Das Gehirn entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt wird.
mehr:
- Begeisterung … ist Doping für Geist und Hirn (Gerald Huether, Datum unbekannt)
„Begeistern statt entgeistern!" - Prof. Dr. Gerald Hüther im Gespräch [22:14]
Veröffentlicht am 01.05.2014
Der Göttinger Gehirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther plädiert für eine Abkehr von der Egozentrik im Denken für die Nutzung der menschlichen Begeisterungsfähigkeit. -
Das heute in unserer Gesellschaft gepflegte Menschenbild ist eher „maschinenähnlich": Wir bemühen uns darum, Gedanken von Gefühlen zu trennen, und legen schon in der schulischen Ausbildung Wert auf den „reinen Intellekt", wobei der Erwerb von Wissen unabhängig vom Erleben des Kindes stattfinden soll; wir setzen den Begriff Seele mit Gehirntätigkeit gleich und stellen den freien Willen in Frage. Und nicht selten beruft man sich bei diesem „modernen Menschenbild" auf die Gehirnforschung. Dabei könnten deren Erkenntnisse zu ganz anderen Schlüssen führen - wie aus diesem Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Hüther, einem der bekanntesten Gehirnforscher Deutschlands, deutlich wird.
Dieses Gespräch mit Prof. Gerald Hüther fand für die Filmproduktion „Die Macht der Gedanken" statt.
Das heute in unserer Gesellschaft gepflegte Menschenbild ist eher „maschinenähnlich": Wir bemühen uns darum, Gedanken von Gefühlen zu trennen, und legen schon in der schulischen Ausbildung Wert auf den „reinen Intellekt", wobei der Erwerb von Wissen unabhängig vom Erleben des Kindes stattfinden soll; wir setzen den Begriff Seele mit Gehirntätigkeit gleich und stellen den freien Willen in Frage. Und nicht selten beruft man sich bei diesem „modernen Menschenbild" auf die Gehirnforschung. Dabei könnten deren Erkenntnisse zu ganz anderen Schlüssen führen - wie aus diesem Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Hüther, einem der bekanntesten Gehirnforscher Deutschlands, deutlich wird.
Dieses Gespräch mit Prof. Gerald Hüther fand für die Filmproduktion „Die Macht der Gedanken" statt.
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