Sonntag, 29. Mai 2011

Greenson, Metapsychologie und Theorie der Technik der Psychoanalyse

Der folgende Text stammt aus dem Buch von Ralph Greenson und soll einen kurzen Überblick über zwei grundlegende Aspekte psychoanalytischer Arbeit vermitteln: erstens die unterschiedlichen Blickwinkel, unter denen das dargebrachte Material des Patienten durch den Analytiker zu betrachten ist und zweitens die grundlegenden »Spielregeln« psychoanalytischer Arbeit.
Ein kleiner Trost für Laien:  Ich habe das bis heute nicht hundertprozentig verstanden. Aber vielleicht hilft der Text ja auch, mit weniger zufrieden zu sein…


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[…] Die Neurose eines Erwachsenen ist immer um einen Kern aus der Kindheit herum aufgebaut. […]


1.23 Die Metapsychologie der Psychoanalyse

Die psychoanalytische Metapsychologie bezieht sich auf die Mindestzahl von Annahmen, auf denen das System der psychoanalytischen Theorie beruht (Rapaport und Gill, 1959). Die metapsychologischen Schriften Freuds sind weder vollständig noch systematisch, und sie sind über sein ganzes Werk verstreut. Das siebte Kapitel der Traumdeutung (1900), die »Schriften über Metapsychologie« (Freud 1915 b, 1915 c, 1915 d, 1917 b) und die Anhänge zu Hemmung, Symptom und Angst (1926 a) sind die Hauptquellen. Tatsächlich hat Freud nur drei metapsychologische Gesichtspunkte explizit formuliert – den topischen, den dynamischen und den ökonomischen. Den genetischen Gesichtspunkt scheint er für selbstverständlich gehalten zu haben. Freud hat zwar den strukturellen Gesichtspunkt nicht definiert, aber er hat angedeutet, daß er an die Stelle des topischen treten könne (1923 b, G. W. Bd. 13, 5. 247). (Siehe Rapaport und Gill [1959] und Arlow und Brenner [1964] zu diesem Punkt.) DerAnpassungsgesichtspunkt ist ebenfalls impliziert; er ist wesentlich für das psychoanalytische Denken (Hartmann, 1939).
Die klinischen Folgerungen der Metapsychologie weisen darauf hin, daß man ein psychisches Ereignis, will man es von Grund auf verstehen, unter sechs verschiedenen Gesichtspunkten analysieren muß – dem topischen, dem dynamischen, dem ökonomischen, dem genetischen, dem strukturellen und dem der Anpassung. In der klinischen Praxis analysieren wir das, was unsere Patienten hervorbringen, nur teilweise, fragmentarisch, in einem bestimmten Zeitraum. Trotzdem lehrt uns die Erfahrung, daß wir doch alle diese Gesichtspunkte berücksichtigen, wenn wir versuchen, unsere Anfangseinsichten durchzuarbeiten. Ich will versuchen, diese Konzepte im Umriß darzustellen. Einen umfassenderen Überblick findet der Leser bei Fenichel (1945 a, 2. Kap.), Rapaport und Gill (1959) und bei Arlow und Brenner (1964). [Sehr gut geeignet finde ich Siegfried Elhardt, Tiefenpsychologie, Eine Einführung – Anmerkung von mir]
Als ersten postulierte Freud den topischen Gesichtspunkt. Im siebten Kapitel der Traumdeutung (1900) beschrieb er die verschiedenen Funktionsweisen, die die bewußten und die unbewußten Phänomene regieren. Der »Primärvorgang« beherrscht das unbewußte Material, und der »Sekundärvorgang« steuert die bewußten Phänomene. Unbewußtes Material hat nur ein Ziel – die Entladung. Es gibt hier kein Gefühl für Zeit, Ordnung oder Logik, und es können Widersprüche nebeneinander bestehen, ohne einander aufzuheben. Verdichtung und Verschiebung sind weitere Charakteristika des Primärvorgangs. Wenn man ein psychisches Ereignis als bewußt oder unbewußt bezeichnet, meint man damit mehr als einen lediglich qualitativen Unterschied. Archaische und primitive Funktionsweisen sind kennzeichnend für unbewußte Phänomene.
[…]
Der dynamische Gesichtspunkt geht davon aus, daß seelische Phänomene das Ergebnis der Interaktion von Kräften sind. Freud (1916-17, G. W. Bd. 11, S. 62) benützte die Analyse von Fehlleistungen, um die Dynamik zu demonstrieren: »An eines darf ich Sie aber noch mahnen; wollen Sie die Art, wie wir diese Phänomene behandelt haben, als vorbildlich im Gedächtnis behalten. Sie können an diesem Beispiel ersehen, welches die Absichten unserer Psychologie sind. Wir wollen Erscheinungen nicht bloß beschreiben und klassifizieren, sondern sie als Anzeichen eines Kräftespiels in der Seele begreifen, als Äußerung von zielstrebigen Tendenzen, die zusammen oder gegeneinander arbeiten. Wir bemühen uns um eine dynamische Auffassung der seelischen Erscheinungen.« Diese Annahme ist die Grundlage für alle Hypothesen über Triebe, Abwehrmechanismen, Ich-Interessen und Konflikte. Symptombildung, Ambivalenz und Überdeterminierung sind Beispiele für dynamische Vorgänge.
[…]
Der ökonomische Gesichtspunkt betrifft die Verteilung, die Verwandlungen und die Verausgabung von psychischer Energie. Konzepte wie das der Bindung, Neutralisierung, Sexualisierung, Aggressivierung und Sublimierung gründen sich auf diese Hypothese.
[…]
Der genetische Gesichtspunkt betrifft den Ursprung und die Entwicklung psychischer Phänomene. Er hat nicht nur damit zu tun, wie die Vergangenheit in der Gegenwart enthalten ist, sondern auch mit der Frage, warum bei bestimmten Konflikten eine spezifische Lösung gewählt wurde. Er wirft ein Licht sowohl auf die biologisch-konstitutionellen Faktoren als auch auf die Faktoren des Erlebens.
[…]
Der strukturelle Gesichtspunkt geht davon aus, daß man den psychisehen Apparat in mehrere beständige funktionelle Einheiten aufteilen kann. Dies war Freuds letzter wichtiger Beitrag zur Theorie (1923 b). Die Auffassung, der psychische Apparat bestehe aus dem Ich, dem Es und dem Über-Ich, leitet sich von der Struktur-Hypothese her. Sie ist immer dann beteiligt, wenn wir von interstrukturellen Konflikten sprechen, z. B. von Symptombildung, oder von intrastrukturellen Prozessen wie der synthetischen Funktion des Ichs.
[…]
Schließlich formulieren wir heute auch noch einen Anpassungs-Gesichtspunkt, obwohl Freud dies nur impliziert hat. »Das Konzept vom Angepaßtsein ist zum Beispiel in Freuds Aussagen über die Koordination zwischen Trieb und Objekt und in Hartmanns und Eriksons Sätzen über eine angeborene Bereitschaft für eine sich entwickelnde Reihe durchschnittlich zu erwartender Umwelten impliziert« (Rapaport und Gill, 1959, S. 159 bis 160).
Alle Aussagen über die Beziehung zur Umwelt, zu Objekten der Liebe und des Hasses, Beziehungen zur Gesellschaft usw. gründen sich auf diese Hypothese. Jedes der von mir bisher angeführten klinischen Beispiele ist auch ein Beispiel für Anpassungsversuche.


1.24 Die Theorie der psychoanalytischen Technik

Die psychoanalytische Therapie ist eine kausale Therapie; sie versucht, die Ursachen der Neurose zu beseitigen. Es ist ihr Ziel, die neurotischen Konflikte des Patienten zu lösen, einschließlich der infantilen Neurose, die als Kern der Erwachsenen-Neurose dient. Die Lösung der neurotischen Konflikte bedeutet, daß man die Teile des Es, des Ober-Ichs und des unbewußten Ichs, die von den Reifungsprozessen des gesunden Restes der Gesamtpersönlichkeit ausgeschlossen geblieben waren, wieder mit dem bewußten Ich verbindet.
Der Psychoanalytiker nähert sich den unbewußten Elementen durch ihre Abkömmlinge. Alle abgewehrten Komponenten des Es und des Ichs bringen Abkömmlinge hervor – »Mischlinge«, die nicht bewußt sind, jedoch in Übereinstimmung mit dem Sekundärvorgang hochorganisiert und dem bewußten Ich zugänglich (Freud, 1915 b, G. W. Bd. 10, S. 289290; Fenichel, 1941, S. 18).
Um die Mitteilung von Abkömmlingen zu erleichtern, verlangt die Psychoanalyse vom Patienten die Verwendung des Verfahrens des freien Assoziierens; dies ist die fundamentale Methode der Psychoanalyse, die sogenannte »Grundregel« (Freud, 1913 b, G, W. Bd. 8, S. 468; 1915 b, C. W. Bd. 10, S. 292). Diese Abkömmlinge erscheinen in den freien Assoziationen, Träumen, Symptomen, Fehlleistungen und im Agieren des Patienten.
Man fordert den Patienten auf, so gut er kann zu versuchen, die Dinge aufsteigen zu lassen und sie ohne Rücksicht auf Reihenfolge oder Logik auszusprechen, er soll alles berichten, selbst wenn es unwichtig, unanständig oder unhöflich usw. erscheint. Wenn man sich etwas einfallen läßt, findet eine Regression im Dienst des Ichs statt, und Abkömmlinge des unbewußten Ichs, des Es und des Über-Ichs neigen dazu, an die Oberfläche zu kommen. Der Patient bewegt sich vom streng nach den Regeln des Sekundärvorgangs ablaufenden Denken in Richtung auf den Primärvorgang. Es ist die Aufgabe des Analytikers, dem Patienten diese Abkömmlinge zu deuten. (Die Bedeutung des Ausdrucks »analysieren« und anderer technischer und klinischer Ausdrücke wird im Abschnitt 1.3 erörtert.)
Obwohl der Patient, der an einer Neurose leidet, sich mit dem bewußten Motiv in Behandlung begibt, sich ändern zu wollen, sind unbewußte Kräfte in ihm wirksam, die sich der Veränderung entgegenstellen, die die Neurose und den Status quo verteidigen. Diese Kräfte stellen sich den Verfahren und Prozessen der Behandlung entgegen und werden Widerstände genannt. Der Widerstand stammt von den gleichen Abwehrkräften des Ichs, die einen Teil des neurotischen Konflikts bilden. Im Verlauf der Behandlung wiederholt der Patient all die verschiedenen Formen und Varianten von Abwehrmanövern, die er in seinem Leben bisher angewendet hat. Die Analyse des Widerstands ist ein Eckstein der psychoanalytischen Teelmik. Da der Widerstand eine Manifestation der abwehrenden und verzerrenden Funktion des Ichs ist, versucht die psychoanalytische Technik den Widerstand als erstes zu analysieren. Die Einsicht kann nur wirksam sein, wenn der Patient fähig ist, ein vernünftiges Ich zu bilden und aufrechtzuerhalten. Widerstände kommen dem vernünftigen Ich in die Quere und müssen analysiert werden, bevor irgendeine andere analytische Arbeit zu einem Erfolg führen kann.

Zum Beispiel: Ein junger Mann scheint zu zögern, mir irgend etwas Nachteiliges über seine Frau zu erzählen. Immer, wenn er etwas an ihr auszusetzen hat, ist er rasch geneigt, sie zu entschuldigen oder ihre Mängel zu rechtfertigen. Als ich ihn auf diese Abwehrhaltung hinweise, leugnet der Patient sie zunächst, gibt aber dann unter Tränen zu, daß ich recht habe. Er gibt zu, daß er versucht, die Mängel seiner Frau zu verhüllen, weil er sicher ist, ich würde von ihm erwarten, daß er sich scheiden ließe, wenn ich »wirklich« wüßte, wie inadäquat sie ist. Als ich dieser Bemerkung über die Scheidung nachgehe, erinnert sich der Patient, daß in seiner Kindheit sein Vater wiederholt, wenn er etwas an der Mutter auszusetzen hatte, drohte, sich von ihr scheiden zu lassen. Es schen also klar, daß das Zögern des Patienten auf seine Angst hinwies, ich würde handeln wie sein Vater. Er versuchte, seine Frau vor mir in Schutz zu nehmen, wie er gerne seine Mutter vor dem Vater beschützt hätte.
Erst nachdem der Patient diese Ursache des Widerstands erkannt hatte, konnte er einen Schritt weitergehen und erkennen, daß nicht ich es war, sondern er, der einen so starken, »väterlichen« Groll gegen seine Frau empfand. Er brauchte noch viel mehr Analyse, bis er merkte, daß er zwar seine Mutter gegen seinen Vater verteidigen wollte, daß er aber selber einen ungeheuren Groll gegen seine Mutter hegte. Unbewußt wünschte er sich, ich sollte ihn drängen, er solle sich von seiner Frau scheiden lassen, wie er sich früher gewünscht hatte, sein Vater solle sich von seiner Mutter scheiden lassen.

In diesem klinischen Beispielfall war es notwendig, Schritt für Schritt jeden Aspekt des Widerstands zu analysieren, um den Patienten zu befähigen, sich der Realität der Situation zu stellen. Zunächst mußte er erkennen, daß er Angst hatte, ich würde von ihm erwarten, er solle sich von seiner Frau scheiden lassen, und daß er infolgedessen einiges über sie vor mir verbarg. Dann mußte er erkennen, daß er mich mit seinem Vater und seine Frau mit seiner Mutter verwechselt hatte. Schließlich konnte der Patient entdecken, daß unterhalb seiner Beschützergefühle gegenüber seiner Mutter auch große Feindseligkeit vorlag. Jeder Schritt in der Widerstandsanalyse erfordert, daß das vernünftige Ich des Patienten fähig gemacht wird, sich einem irrationalen, verzerrten Aspekt seiner eigenen Tätigkeit zu stellen.
Dieses klinische Beispiel führt zu einem weiteren Grundkonzept in der Theorie der psychoanalytischen Technik. Neurotische Patienten neigen zu Übertragungsreaktionen. [Vorsicht: Dies ist ein Buch aus dem Jahr 1967! Ich glaube, daß dies alle Menschen tun. (Anmerkung von mir)] Die Übertragung ist eine der wertvollsten Materialquellen für die Analyse, eine der wichtigsten Motivationen und auch das größte Hindernis auf dem Weg zum Erfolg. Die Triebversagung des Neurotikers veranlaßt ihn häufig, unbewußte Objekte zu suchen, auf die er seine libidinösen und aggressiven Impulse verschiebt. Der Patient neigt dazu, seine Vergangenheit in bezug auf seine menschlichen Beziehungen zu wiederholen, um Befriedigungen zu erlangen, die er nicht erlebt hat, oder um nachträglich irgendeine Angst oder ein Schuldgefühl zu überwinden. Die Übertragung ist ein Wieder-Durchleben der Vergangenheit, ein Mißverstehen der Gegenwart gemäß der Vergangenheit. Die zentrale Bedeutung der Übertragungsreaktionen in der Theorie der Technik beruht auf dem Umstand, daß der Patient, wenn die Übertragungsreaktionen richtig gehandhabt werden, in der Behandlungssituation und in bezug auf den Psychoanalytiker all die bedeutsamen menschlichen Beziehungen seiner Vergangenheit zu erleben pflegt, die ihm bewußt nicht zugänglich sind (Freud, 1912 a).
Die psychoanalytische Situation ist so strukturiert, daß sie die maximale Entwicklung der Übertragungsreaktionen erleichtert. Die frustrierende Haltung des Psychoanalytikers und sein relatives Inkognito tragen dazu bei, die Übertragungsgefühle und -phantasien in vollem Umfang herauszulocken. Es ist jedoch die konsequente Analyse der Übertragung, sowohl innerhalb als auch außerhalb der analytischen Situation, die es dem Patienten ermöglicht, die verschiedenen Varianten und Intensitäten der Übertragung auszuhalten.
Die Übertragung ist auch die Ursache der stärksten Widerstände während der Analyse. Ein Patient arbeitet vielleicht am Anfang der Analyse hart, um sich beim Analytiker beliebt zu machen. Es ist nicht zu vermeiden, daß der Patient sich in irgendeiner Form abgelehnt fühlt, denn all unsere Patienten haben in ihrem früheren Leben Ablehnung erlebt, und die Haltung des Analytikers ist im wesentlichen nichtbefriedigend. Die feindseligen Gefühle aus der verdrängten Vergangenheit oder die verbotenen sexuellen Wünsche der Kindheit oder der Adoleszenz pflegen im Patienten starke Tendenzen zu erwecken, unbewußt gegen die analytische Arbeit zu kämpfen. Qualität und Quantität des »Übertragungswiderstands« werden durch die Lebensgeschichte des Patienten bestimmt. Die Dauer dieser Reaktionen wird auch dadurch beeinflußt, wie wirksam der Psychoanalytiker die Übertragungsprobleme analysiert, die den Widerstand wachgerufen haben.
Hier wollen wir ein Wort über die relativ unneurotischen, rationalen und realistischen Haltungen des Patienten gegenüber dem Analytiker anfügen, über das »Arbeitsbündnis« (working alliance) (Greenson, 1965 a). Es ist ein Teil der Beziehung zwischen dem Patienten und dem Analytiker, der den Patienten befähigt, sich mit dem Standpunkt des Analytikers zu identifizieren und trotz seiner neurotischen Übertragungsreaktionen mit dem Analytiker zu arbeiten.
Die psychoanalytische Technik zielt direkt auf das Ich, da nur das Ich unmittelbar Zugang zum Es, zum Über-Ich und zur Außenwelt hat. Es ist unser Ziel, das Ich dazu zu bewegen, auf seine pathogenen Abwehrmechanismen zu verzichten oder geeignetere zu finden (A. Freud, 1936, S. 34-51). Die alten Abwehrmanöver haben sich als unzureichend erwiesen; neue, andere oder gar keine Abwehr könnte vielleicht Triebabfuhr ohne Schuldgefühle oder Angst erlauben. Die Es-Entladung würde den Triebdruck vermindern; dann wäre das Ich in einer relativ stärkeren Position.
Der Psychoanalytiker hofft, die relativ reifen Aspekte im Ich des Patienten dazu zu bringen, sich mit dem auseinanderzusetzen, was das Ich früher als zu gefährlich aus dem Bewußtsein verbannt hat. Der Analytiker erwartet, daß der Patient unter dem Schutz des Arbeitsbündnisses und der nichtsexuellen positiven Übertragung das von neuem betrachtet, was er früher als zu bedrohlich angesehen hat, daß er die Situation neu beurteilen kann, und daß er schließlich wagen wird, neue Methoden zu versuchen, um mit der früheren Gefahr fertigzuwerden. Der Patient wird sich langsam darüber klar, daß die Triebimpulse der Kindheit, die für die Ich-Kräfte eines Kindes überwältigend waren, und die durch das Über-Ich des Kindes verzerrt waren, im Leben des Erwachsenen mit anderen Augen gesehen werden können.
Die psychische Arbeit, die getan wird, nachdem eine Einsicht vermittelt worden ist, und die zu einer haltbaren Veränderung im Verhalten oder in der Einstellung führt, wird Durcharbeiten genannt (Greenson 1965 b). Es besteht aus Prozessen wie der Nutzung und Assimilation von Einsicht und Neuorientierung (E. Bibring, 1954). Es wird im nächsten Abschnitt besprochen.
Die Psychoanalyse versucht auf diese Weise, den Prozeß der Neurose und der Symptombildung umzukehren, wieder aufzurollen (Waelder, 1960, S. 46). Die einzige zuverlässige Lösung besteht darin, Strukturveränderungen im Ich zu bewerkstelligen, die es dem Ich erlauben, auf seine Abwehr zu verzichten oder eine Abwehrform zu finden, die eine angemessene Triebabfuhr zuläßt (Fenichel, 1941, 5, 16).

Ich möchte versuchen, eine typische Abfolge von Ereignissen durch ein klinisches Beispiel zu verdeutlichen. Frau K., eine siebenundzwanzigjährige Frau, möchte sich aus verschiedenen Gründen einer Analyse unterziehen. Mehrere Jahre lang hat sie Episoden gehabt, in denen sie sich »von allem ausgeschlossen«, gefühllos, »weggetreten, »wie ein lebender Leichnam« gefühlt hat. Außerdem hat sie Perioden der Depression, ist unfähig, in sexuellen Beziehungen einen Orgasmus zu erleben, und als neuestes empfindet sie ein impulsiv-zwanghaftes Bedürfnis, eine sexuelle Affäre mit einem Neger zu haben. Dieses letzte Symptom war für sie besonders quälend und hat sie angetrieben, zur Behandlung zu kommen. Ich werde dieses Einzelsymptom in den Mittelpunkt stellen, um meine theoretische Beschreibung der Ziele der psychoanalytischen Technik zu veranschaulichen. (Siebe Aitmans Bericht [1964] über eine Podiumsdiskussion über dieses Thema, besonders den Beitrag von Ross.)
Alle Arten der Psychotherapie würden versuchen, die Patientin von ihren Symptomen zu befreien, aber nur die Psychoanalyse versucht dies, indem sie die neurotischen Konflikte löst, die den Symptomen zugrundeliegen. Andere Therapien könnten versuchen, der Patientin durch eine Verstärkung ihrer Abwehr zu helfen, oder indem sie Übertragung und Suggestion dazu verwenden, ihr sexuelles Begehren nach Negern zu unterdrücken oder zu verschieben. Oder sie könnten versuchen, den Konflikt zwischen Abwehr und Trieb dadurch zu lösen, daß sie eine Triebabfuhr vorschlagen, die unter dem Schutz einer Über-Ich-ähnlichen Übertragung auf den Psychotherapeuten möglich sein könnte. Manche Therapeuten würden vielleicht Drogen verwenden, um die libidinösen Triebe zu beruhigen und auf diese Weise dem bedrängten Ich der Patientin zu helfen. Andere würden vielleicht Mittel wie Alkohol oder Phenobarbital vorschlagen, die zeitweilig die Forderungen des Über-Ichs der Patientin dämpfen könnten. All diese Methoden können eine Hilfe sein, aber nur vorübergehend, weil sie keine bleibende Veränderung in den psychischen Strukturen bewirken, die an den ursächlichen unbewußten Konflikten beteiligt sind.
Die Psychoanalyse würde versuchen, der Patientin all die verschiedenen unbewußten impulse, Phantasien, Wünsche, Angste, Schuldgefühle und Bestrafungen bewußtzumachen, die sich verdichtet in ihrem Symptom ausdrücken. Die von mir als Beispiel angeführte Patientin gewann langsam Einsicht in die Tatsache, daß der Neger eine Verkleidung für ihren kraftvollen, sexuell anziehenden und beängstigenden, rothaarigen Stiefvater aus ihrer Pubertät war. Es wurde ihr gezeigt, daß der impulsiv-zwanghafte Wunsch, sexuelle Beziehungen mit Negern zu haben, zum Teil aus verkleidetem inzestuösem Begehren nach dem Stiefvater stammte. Er war auch ein Deckmantel für sadomasochistische Impulse und verbarg eine Gleichsetzung der Sexualität mit den Ausscheidungsfunktionen. Der Neger war auch eine verdichtete Vorstellung von einem analphallischen Mann, die die Patientin als Dreijährige gehabt hatte. Die Peinlichkeit des Symptoms stellte sich heraus als eine Selbstbestrafung aus Schuldgefühlen wegen der verbotenen Impulse.
[…]
Die Einsicht in die verschiedenen Ebenen des neurotischen Konflikts zwischen Abwehr und Trieb verursachte allmähliche Veränderungen in der Struktur des Ichs, des Es und des Über-Ichs der Patientin. Einige alte Abwehrmechanissnen wurden als unnötig abgelegt; einige neue wurden gefunden, die Triebbefriedigung ohne Schuldgefühle ermöglichten. Die Beziehung der seelischen Strukturen untereinander veränderte sich insgesamt, und damit entstand eine neue und befriedigendere und effektivere Beziehung zur Außenwelt.

Samstag, 28. Mai 2011

Parentalisierung

Eine besondere Bedeutung wird oft der Abgrenzung des elterlichen Subsystems im Kontext der Gesamtfamilie beigemessen (besonders in der strukturellen Familientherapie). Da, wo dessen Funktion und Abgrenzung unklar ist, wird der Bestand der Familie als bedroht gesehen. Ein geordnet verlaufender Entscheidungsprozeß – so die Überlegungen – verlangt klare Grenzen. Wenn die Ehepartner die Entscheidungen des anderen jeweils boykottieren oder wenn die Kinder gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen, mit denen sie überfordert sind, kann es zu Symptomen kommen, die auf die Störung im Kommunikationssystem Familie hinweisen. Das bedeutet nicht, daß Kinder nicht am Entscheidungsprozeß beteiligt sein sollten (die autoritäre Familie ist auch in Modellen der Kybernetik erster Ordnung nicht Idealbild!), sondern, daß ihnen keine Elternfunktionen übertragen werden dürfen: Kinder leben in einer Situation ungleich verteilter Macht, und es ist Bestandteil sozialen Lernens, daß sie lernen, in solchen Situationen zu verhandeln (MINUCHIN 1977) und die Erfahrung machen: »Ich bin nicht allmächtig und ich bin nicht ohnmächtig!« (COHN 1975). Die Beteiligung von Kindern an Elternfunktionen, manchmal auch an Partnerfunktionen wird bei STIERLIN als »Parentalisierung« bezeichnet, für HALEY (1980) ist dieses Muster das Kennzeichen sogenannter »perverser Dreiecke«, in vielen der »klassischen« familientherapeutischen Modelle das zentrale Merkmal dysfunktionaler Familienstrukturen.

Freitag, 27. Mai 2011

Heute vor 67 Jahren: Uraufführung von Sartres »Huis Clos (Bei geschlossenen Türen)«

Im Pariser Théâtre du Vieux-Colombier hatte das Drama "Geschlossene Gesellschaft" von Jean-Paul Sartre Premiere. Schauplatz ist der Salon eines fünftrangigen Hotels, verwohnt, ohne Fenster und Tageslicht. Es wird schnell deutlich, dass dies der Ort der Verdammten ist. Die Verstorbenen machen sich ihr totes Leben gegenseitig zur Qual. Drei Personen sind in eine klaustrophobische Zimmerhölle gesperrt: ein Deserteur, eine Lesbe und eine schwindsüchtige Kindsmörderin. Gegenseitig berauben sie sich aller ihrer Illusionen, denn "Die Hölle, das sind die anderen". Der Einakter wurde in den 1950er Jahren zum Schlüsselstück des Existenzialismus.

deutsche Erstaufführung: Hamburg, April 1949, Kammerspiele (unter dem Titel "Geschlossene Gesellschaft")

Im dritten Teil von L'être et le néant (Das Sein und das Nichts) deutet Sartre die Tatsache, daß der Mensch bei dem Versuch, den Spielraum seiner Möglichkeiten abzuschreiten, am Freiheitsanspruch des andern seine Grenze findet, als negative existentielle Erfahrung, die es dem einzelnen nicht gestatte, das Dasein des Mitmenschen anders denn als tödliche Bedrohung der eigenen Selbstverwirklichung zu verstehen. Folgerichtig vollzieht sich daher das aus der philosophischen Theorie entwickelte dramatische Geschehen an einem Ort, der keine Möglichkeit zu freiheitlichem Handeln bietet und den Sartre in Anlehung an die christliche Jenseitsvorstellung Hölle nennt.

Drei Personen, ein Mann und zwei Frauen, werden in den im Empire-Stil eingerichteten Salon eines schäbigen Hotels geführt, den Ort ihrer Verdammnis, an dem sie, selbst für alle Ewigkeit in ihrem Sein festgelegt, wechselseitig die nach Sartre existenznotwendige und zugleich unmögliche Beherrschung des andern anstreben und in auswegloser Situation die Erfahrung durchleiden, heillos einander ausgeliefert zu sein. Die lesbisch veranlagte Ines sucht die kokette Estelle an sich zu fesseln, die mit weiblicher Verführungskunst nur danach trachtet, den Mann für sich zu gewinnen. Garcin, bei Ausbruch des Kriegs auf der Flucht erschossen, drängt die unbestechlich kluge Ines in die Rolle der Richterin, in der vergeblichen Hoffnung, von dem quälenden Selbstvorwurf der Feigheit freigesprochen zu werden. Ebenso wie Estelle, die Kindsmörderin, die eine rührende Lebensgeschichte erfindet, muß er indessen erkennen, daß die Aufhebung der Selbsttäuschung und der Unaufrichtigkeit den andern gegenüber - Unwahrhaftigkeit (mauvaise foi) entspringt nach Sartre der menschlichen Freiheit - ein wesentlicher Faktor der Verdammnis ist. So schließt sich der Teufelskreis, in dem jeder zum Peiniger und zum Gepeinigten wird. "Also dies ist die Hölle. Niemals hätte ich geglaubt... Ihr entsinnt euch: Schwefel, Scheiterhaufen, Bratrost.... Ach, ein Witz! Kein Rost erforderlich, die Hölle, das sind die andern."

Zwischenbemerkung von mir:
Hier hätte Sartre etwas weiter denken können. (Allerdings muß ich natürlich konzidieren, daß dieser Satz von einem Psychotherapeuten stammt. Sartre stand der Freudschen Psychoanalyse skeptisch gegenüber und setzte ihr seine sogenannte existentielle Psychoanalyse entgegen. Der Abschnitt, der auf Seite 29 beginnt, ist übrigens hochinteressant!)
Lege ich den letzten Absatz (fünftletzte Zeile) zugrunde, so entspringt Sartre zufolge die Unwahrhaftigkeit der menschlichen Freiheit, und die Aufhebung von Selbsttäuschung und der Unaufrichtigkeit den anderen gegenüber ist ein wesentlicher Faktor der Verdammnis.
Ich als Psychotherapeut sehe dies genau umgekehrt:
Selbsttäuschung und Unaufrichtigkeit sind für mich wesentliche Faktoren der Verdammnis (ich übernehme hier Sartres Nomenklatur, als Therapeut würde ich dazu »Leiden« sagen), und deren Aufhebung ist für mich – im Sinne der Aufklärung (Wikipedia-Artikel, siehe vor allem Kants Definition) – gelebter Wille zur Freiheit. Letztlich halte ich Leiden für das Ergebnis des Versuchs, Gefühlsqualitäten (vor allem) von Schmerz, Schuld und Scham kurzfristig zu vermeiden. Das aus der aufklärerischen Arbeit am Unbewußten entstehende kurzfristige Leiden (welches manchmal entsetzlich ist, keine Frage!) ist der Preis für die daraus entstehende Freiheit. Um Ram Dass zu zitieren: »The resistance against the unpleasant situation is the root of suffering.«
Insofern ließe sich ausgiebig über Sartres Verständnis des Begriffes der Freiheit diskutieren… Fußend auf obiger Definition ist Freiheit für Sartre anscheinend das unreflektiert gelebte Unbewußte (, welches vor unangenehmen Gefühlen auszuweichen versucht). (Allerdings konstruiert Sartre im o.g. googlebooks-Artikel eine anders ausgerichtete Reflexion! Hier begegnen sich also Psychotherapeut und existentialistischer Philosoph mit unterschiedlichen Sprachen.) Dem halte ich den Satz Gurdjieffs entgegen: »Wir sind alle Bio-Roboter, und die einzige Möglichkeit zur Freiheit zu gelangen, ist, herauszufinden, wie wir funktionieren.« (Peter Brook: »Gurdjieff gebraucht häufig das Bild des Schauspielers als Metapher für den voll entwickelten Menschen. Er spricht davon, es gelte, im Leben eine Rolle zu spielen, alle Forderungen zu erfüllen, die die wechselnden Situationen mit sich bringen, sie vollständig auf sich zu nehmen, ohne dabei die innere Freiheit zu verlieren. Dies ist genau das, was von einem guten Schauspieler erwartet wird.«)

Brigitte Horney (Tochter von Karen Horney) als Ines:
Geschlossene Gesellschaft (Huis clos) von Jean-Paul Sartre [4:03]
Hochgeladen am 11.12.2008

Huis clos gilt als eines der besten Theaterstücke Sartres. Der Verzicht auf die dramatische Funktion der Zeit, die Entwicklungen erst ermöglicht hätte, erforderte ein anders geartetes Spannungsmoment: die sich im Fortgang des Dramas sowohl der Akteuren wie den Zuschauern aufdrängende Einsicht, daß die – christlich-eschatologischen Vorstellungen entsprechend – zunächst als Totenreich vorgestellte Hölle in Wahrheit ihren Ort im Erfahrungsbereich der zwischenmenschlichen Beziehungen hat.
aus Kindlers Literaturlexikon (1974)

Karl Jaspers:
Existenzphilosophie [9:16]

Hochgeladen am 17.07.2009
Karl Theodor Jaspers (* 23. Februar 1883 in Oldenburg; † 26. Februar 1969 in Basel) war ein deutscher Psychiater, der als Philosoph weit über Deutschland hinaus bekannt wurde.

Der Begriff Existenzphilosophie bezeichnet eine philosophische Richtung, die im Zentrum ihres Denkens die Existenz des Menschen im weitesten Sinne hat. Innerhalb der Existenzphilosophie werden zwar verschiedene Positionen beschrieben, die sich jedoch alle durch den grundlegenden Vorrang der Erhellung des eigentlichen Existierens vor allem spekulativen Idealismus oder dem Wissenschaftsglauben des Positivismus auszeichnen. Von der Existenzphilosophie im allgemeinen Sinne kann der Existentialismus als besondere Ausdrucksform der französischen Existenzphilosophie unterschieden werden.

Jaspers gilt als herausragender Vertreter der Existenzphilosophie, die er vom Existentialismus Jean-Paul Sartres strikt unterschied. Er war zunächst Lehrer und anschließend lebenslanger Freund von Hannah Arendt, mit der ihn auch ein jahrzehntelanger Briefwechsel verband. Auch mit Martin Heidegger stand er in Briefwechsel, der in der Zeit des Nationalsozialismus unterbrochen nach dem Krieg nur noch spärlich war. Mit Max Weber, Hans W. Gruhle und Kurt Schneider verband ihn eine langjährige Freundschaft. Ursprünglich Mediziner hat Jaspers grundlegend zur wissenschaftlichen Entwicklung der Psychiatrie beigetragen. Sein philosophisches Werk wirkt insbesondere in den Bereichen der Religionsphilosophie, Geschichtsphilosophie und der Interkulturellen Philosophie. Mit seinen einführenden Schriften zur Philosophie hat er hohe Auflagen erreicht und ist so auch einem breiteren Publikum bekannt geworden.
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L’être et le néant. Essai d'ontologie phénomonologique
(Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie)

[philosophisches Hauptwerk von Jean-Paul Sartre, in dessen Zentrum die Frage nach der ontologischen Begründung der Freiheit steht] [Wikipedia]
Heidegger: Was ist der Mensch? [1:55]

Hochgeladen am 22.09.2010
Martin Heidegger - Was ist das Sein?

Das Werk nimmt innerhalb des französischen Existentialismus nahezu dieselbe Stellung ein wie HEIDEGGERS "Sein und Zeit" (1927) in Deutschland. Ausgangspunkt für Sartre ist HUSSERLS Begriff des Phänomens und seine phänomenologische Methode, und zwar in der Form, wie sie Heidegger, über Husserls "Logische Untersuchungen" (1900/01) hinausgehend, in "Sein und Zeit" weiterentwickelte: Phänomen, als "Begegnisart von etwas", bedeutet für Heidegger das "Sich-an-ihm-selbst-zeigende" des Seienden; Phänomenologie soll, als Wissenschaft "von" den Phänomenen, "eine solche Erfassung ihrer Gegenstände" verbürgen, "daß alles, was über sie zur Erörterung steht, in direkter Aufweisung und direkter Ausweisung abgehandelt werden muß" (§7).

Indem Sartre den Phänomenbegriff Heideggers in der Weise erweitert, daß er das Sein des Seienden vollständig in "dem, was erscheint" (d.h. dem Phänomen) aufgehen läßt, das sowohl das Wesen wie auch die Existenz dieses Seins sich in der Erscheinung "in absoluter Weise" zeigt, ohne auf ein hinter den Dingen liegendes Wesen zu verweisen und damit "nichts als die wohl verknüpfte Ablaufsreihe seiner Manifestationen" ist, hebt er die Differenz von Wesen und Erscheinung - das Hauptproblem der klassischen Metaphysik, wie es sich noch im Kantischen Dualismus von "Ding an sich" und "Erscheinung" zeigt - auf: das, was für ein Bewußtsein erscheint bzw. als Totalität von ihm konstituiert wird, "ist nur ein Aspekt des Objekts und das Objekt ist gänzlich in ihm und außer ihm". Die Verknüpfung dieser Ablaufreihe der Manifestationen (des Phänomens) muß - als Synthese - von einem Bewußtsein geleistet werden, das "die Erscheinung auf den Gesamtablauf hin transzendiert, von dem sie ein Teil ist", d.h. von der die Identität des "Seins der Dinge" erst hervorbringenden "Transzendentalität" dieses Bewußtseins.

In L'être et le néant werden nun zwei grundsätzlich unterschiedene Seinsweisen bzw. Seinsstrukturen beschrieben - das "en-soi" ("An-sich") und das "pour-soi" ("Für-sich"). Das "en-soi" (etwa das Sein der Dinge und Gegenstände, Objektivität überhaupt) ist durch einfache "Positivität" ohne "Möglichkeit" - als reines "être-en-soi"("An-sich-sein") - gekennzeichnet.
"Der Gegenstand 'besitzt' das Sein nicht, und seine Existenz ist nicht eine Teilhabe am Sein, noch irgendeine andere Art der Beziehung. Er 'ist', das ist die einzige Weise, in der man seine Art zu sein definieren kann." Die Frage nach der Entstehung des "An-sich" ist sinnlos. Dem menschlichen Bewußtsein erscheint es als nicht-ableitbar, daher als etwas Lästiges und Überflüssiges ("de trop"), das Ekel ("nausée") verursacht: "Ungeschaffen, grundlos, ohne jede Beziehung zu einem anderen Sein, ist das An-sich in Ewigkeit überflüssig." Das "en-soi" ist vollkommene Koinzidenz mit sich selbst ohne Vergangenheit. "Das An-sich ist einfach es selbst, und man wird sich keine vollkommenere Angleichung von Inhalt und Beinhaltendem vorstellen können." Ihm steht das "pour-soi" (etwa: Sein des Menschen, Bewußtsein) gegenüber, das vorab dadurch bestimmt ist, daß es sich zu sich selbst "verhalten" und sich "transzendieren" kann, das sich ebenso auf anderes, "Welt" im weitesten Sinne, bezieht und durch ein Verhalten gekennzeichnet ist, das Husserl "Intentionalität" nennt. "Das Bewußtsein ist nicht eine besondere Weise des Erkennens, innerer Sinn oder Selbstbewußtsein genannt, es ist die Dimension des transphänomenalen Seins des 'Subjekts'."

Dazwischen: Ein Stern-Artikel über Die neue alte Lust am Ekelhaften

Was sich im Bewußtsein, im "pour-soi" anzeigt, ist ein Sein, das nicht "Erscheinung von Sein", sondern "Entwurf eigenen Seins" (H.H. Holz) ist. Das Problem der Reflexion ist deshalb von untergeordneter Bedeutung für das "pour-soi", weil es, um Bewußtsein von sich, d.h. Selbstbewußtsein zu haben, sich wiederum zum "An-sich" vergegenständlichen, d.h. sich selbst negieren und "in der Distanz von sich als einem Sich-selbst-gegenwärtig-sein" existieren muß. Die konkrete menschliche Realität entsteht aus jener spezifischen Einheit von Mensch und Welt, die Heidegger als "In-der-Welt-sein" bezeichnet und die Sartre als den ursprünglichen Zusammenhang ("rapport") dieser beiden Seinsstrukturen in einer "synthetischen Totalität" begreift, "von der das Bewußtsein sowohl wie das Phänomen nur Momente bilden".

Indem aber das "pour-soi" als Sein, "das sich selbst zum Existieren bestimmt, insoweit es nicht mit sich selbst koinzidieren kann", sich in die Zukunft erstreckt und seine Gegenwärtigkeit ständig auf die Zukunft und deren Möglichkeiten hin überschreitet, "nichtet" es seine eigene Vergangenheit, die unaufhörlich zum "An-sich" herabsinkt. In dieser Nichtung ("néantisation") erfährt es seine Freiheit, die vor allem als ontologischer Mangel, als Zurückbleiben hinter seinen offenen Möglichkeiten, bestimmt ist. Im "pour-soi" selbst ist der Gegensatz von Sein und Nichts angelegt, und zwar geht es Sartre vor allem darum, den Begriff des Nichts über seine Funktion als rein logische Negation und "Urteilsqualität" hinaus ontologisch zu erweitern. "Vom Sein kann man niemals die Negation herleiten. Es ist die notwendige Bedingung, damit es möglich sei, nein zu sagen, daß das Nichtsein ständig im Sein gegenwärtig sei, in uns und außer uns, daß das Nichts das Sein bedrängt." So zeigt sich das Nichts schon in der einfachen Struktur der Frage, da einem befragten Sein die Alternative von Affirmation und Negation offenläßt. "Das Nichts, wenn es nicht vom Sein unterhalten wird, zerstreut sich, insoweit es Nichts ist, und wir fallen zurück ins Sein. Das Nichts kann sich nicht 'nichten', es sein denn auf dem Grunde des Seins; wenn das Nichts gegeben sein kann, so weder vor noch nach dem Sein, noch in einer allgemeinen Weise außerhalb des Seins, sondern im Schoße des Seins selbst, in seinem Herzen, wie ein Wurm." Das Nicht-sein ist also Bedingung des negativen Urteils und insofern ontologische Kategorie. Nur durch das Nichts und das damit verbundene "Nichten" - ein Begriff, den Sartre unmittelbar von Heidegger übernimmt - ist das menschliche Dasein gewissermaßen als Lücke in der Dichte des "An-sich" möglich. Im Spannungsgefüge von Sein und Nichts entsteht das menschliche Sein, das sich durch die Fähigkeit des Nichtens als "Für-sich" im Umkreis des "An-sich" konstituiert. Das Verhältnis von Sein und Nichts begreift Sartre nicht wie HEGEL als dialektischen Prozeß im Bereich der Logik an dessen Ende eine vermittelnde Synthese steht (bei Hegel Gott), sondern als radikalen Gegensatz, der für den Menschen in den Erscheinungsformen des Nichts, z.B. der Angst und der Unwahrhaftigkeit ("mauvaise foi"), unmittelbar existentiellen Ausdruck findet. In der Angst erkennt der Mensch seine Freiheit, die mit der Möglichkeit des Nichtens identisch ist. "In der Angst ergreift der Mensch das Bewußtsein seiner Freiheit, oder wenn man will, die Angst ist die Seinsweise der Freiheit als Bewußtsein des Seins, in der Angst ist die Freiheit in ihrem Sein sich selbst fraglich." Diese Freiheit ist nicht ein Teil des menschlichen Wesens, sondern geht ihm voran und ermöglicht es erst.

Da der Mensch das starre und zähe "In-sich-sein" seines eigenen Körpers und seiner Begierden spürt, bedeutet Freiheit zugleich auch die Fähigkeit, sich von sich selbst loszureißen. Die Freiheit als Ekstase des "Für-sich-seins" im Sinne Heideggers kann aber erst in ihrem Verhältnis zur "Zeitlichkeit" ("temporalité") begriffen werden. In dem "Ent-wurf" ("pro-jet") der Zukunft liegt zugleich die Nichtung der Vergangenheit. Sowenig die Zeit selbst als Kontinuum verstanden werden kann, ist das "Wesen" des Menschen kontinuierlich und festgelegt: die Freiheit des Menschen besteht in der Fähigkeit, sich in jedem Moment neu zu entwerfen.

Im dritten Teil des Werks behandelt Sartre die Beziehung der "Für-sich-Seienden" zueinander, in der sich die Grundstruktur des Seins, der Gegensatz von "An-sich" und "Für-sich" wiederholt. Das Sein des "Anderen" ist vor allen Dingen störend, da es die ursprüngliche Überzeugung des Subjekts, Mittelpunkt der Welt zu sein, in Frage stellt. So verrät ihm der Blick des Anderen, daß es (das Subjekt) im Bewußtsein des Anderen als Gegenstand, als undurchdringliches "An-sich" existiert. Das Gefühl der Scham etwa ist ein Phänomen, in dem das Subjekt aus seinem vom Anderen zurückgespeigelten "An-sich" wieder in sein "Für-sich" eintritt: die Hinwendung zur "Welt" hat es erneut auf sich selbst zurückverwiesen. "Die Scham realisiert so eine intime Beziehung des Ich mit dem Ich... Die Scham ist, ihrer Natur nach, Wiedererkennen. Ich erkenne an, daß ich bin, wie der Andere mich sieht." Die Existenz des Anderen ist daher nicht nur ein logisches, sonder ein psychologisches Problem, dem Sartre unter dem Oberbegriff des "Sein-für-andere" ("le pour-autrui") ein umfangreiches Kapitel widmet. In der Beziehung zum Anderen geht es immer darum, die störende Fremdheit und Freiheit des Anderen, die unser eigenes Frei-sein zu bedrohen scheint, zu begreifen, zu bekämpfen oder durch die verschiedenen Formen der Liebe aufzuheben. In umfangreichen und peinlich genauen Analysen des normalen und des pathologischen Geschlechtsverkehrs versucht Sartre nachzuweisen, daß der Versuch einer Beherrschung der fremden Freiheit letztlich scheitern, muß, da die Verwandlung des "An-sich" in ein "Für-sich" unmöglich ist. Die negativen Reaktionen wie Sadismus, Masochismus und Haß sich selbst und dem Anderen gegenüber sind Ausdruck deses Scheiterns. Die großartigste Anstrengung des Menschen, die Synthese eines An-und-für-sich-seins zu erreichen und auf diese Weise "Gott"ähnlich zu werden, bleibt lediglich eine "nutzlose Passion".
aus Kindlers Literaturlexikon (1974)

Monthy Python - Deutschland gegen Griechenland - deutsche Version [4:21]
Veröffentlicht am 20.06.2012
Pythonia at its best - passend zum Viertelfinale!
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Mittwoch, 25. Mai 2011

Freud über das Verhältnis des Ich zum Es

»Man könnte das Verhältnis des Ichs zum Es mit dem des Reiters zu seinem Pferd vergleichen. Das Pferd gibt die Energie für die Lokomotion her, der Reiter hat das Vorrecht, das Ziel zu bestimmen, die Bewegung des starken Tieres zu leiten. Aber zwischen Ich und Es ereignet sich allzu häufig der nicht ideale Fall, daß der Reiter das Roß dahin führen muß, wohin es selbst gehen will.«


Freitag, 20. Mai 2011

Marilyns letzte Sitzung

Portrait of American Psychiatrist and Psychoanalyst Dr. Ralph Greenson, J. R. Eyerman [Bild von AllPosters]
30 Monate lang, von Januar 1960 bis zum 4. August 1962, bildeten das Sexsymbol Marilyn Monroe und der Psychoanalytiker und Freudianer Ralph Greenson ein mehr als ungewöhnliches Paar. Sie wollte, dass er ihr dabei hilft, wieder auf die Beine zu kommen, damit sie weiter Filme drehen konnte. Er hatte sich das Ziel gesetzt, sie wie ein leidendes Kind mit Liebe und familiärer Zuwendung zu umgeben und ihr Leben mit Sinn zu erfüllen. Greenson war es, der Marilyn Monroe als Letzter lebend sah und der die tote Marilyn fand. Schnell wurde der Vorwurf laut, er sei es auch gewesen, der Schuld an ihrem Tod trage. In der Beziehung Marilyn Monroes zu dem berühmten Hollywood-Psychoanalytiker Ralph Greenson offenbart sich eine völlig unerwartete Seite der Schauspielerin. Gleichzeitig bietet die Begegnung der beiden Stars Einblicke in das damalige Milieu des Films (Cukor, Huston, Wilder), der Literatur (Capote, Miller) und der Politik (Kennedy-Clan, CIA, FBI). [Text von DokuJunkies]













Jetzt ist mir zufällig auch der letzte Teil untergekommen…

Marilyns letzte Sitzung 1-7 (German) [13:02]

Hochgeladen am 25.10.2010
Dokumentation über Marilyn Monroe (1926-1962).

Noch einige Links:
Verhängnisvolle Liebe: Marilyn Monroe und ihr letzter Seelenarzt (Buchbesprechung bei glaubeaktuell.net)
»Ich liege auf meinem Bett, habe nur meinen BH an…« (die Süddeutsche über Greensons Tonbänder)
Ralph Greenson (bei Cursum Perficio)
Greenson-Rechnung (bei thisismarylin)
Marylin Monroe – The Kennedy Connection (von Rachael Bell, bei truetv)
Losing Marylin (bei Loving Marylin)
Marilyn Monroe on the couch (Christopher Turner im Telegraph, 23.06.2010)


zuletzt aktualisiert am 21.08.2015

Montag, 16. Mai 2011

Sonntag, 15. Mai 2011

Simulierte Angstreaktion – Kontext wichtig

Das Angstempfinden ist ein natürlicher Begleiter unseres Lebens und ein sinnvoller Schutzmechanismus. Doch manchmal nehmen Ängste überhand und sind nur schwer wieder abzulegen.

Wissenschaftler aus Freiburg, Basel und Bordeaux haben nun die Vorgänge im Gehirn bei der Entstehung und Unterdrückung von Ängsten im Computer simuliert. Das illustriert, auf welche Weise scheinbar abgelegte Ängste in Wirklichkeit nur verdeckt, aber nicht verschwunden sein können. Der Grund für die Hartnäckigkeit von Ängsten ist, dass sie buchstäblich tief sitzen: Tief unter dem Großhirn liegt in unserem Denkorgan der »Mandelkern«.
Das limbische System (Abb. aus linkezeitung.de)

Angstreaktionen werden oft an Mäusen erforscht, indem ein neutraler Reiz – beispielsweise ein Klang – gemeinsam mit einem unangenehmen Reiz auftritt. Die Tiere lernen so, auch vor diesem Klang Angst zu haben. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Kontext: Wenn der ängstigende Klang viele Male in einem neuen Umfeld vorgespielt wird, ohne dass etwas Unangenehmes passiert, legen die Mäuse ihre Angst ab. Sie kehrt aber sofort zurück, wenn er im ursprünglichen oder in einem völlig neuen Kontext auftritt.

Die Simulation des Nervennetzes erklärt nun, wie die Maskierung der Angst abläuft: Eine Gruppe von Zellen steuert das Angstverhalten, eine zweite die Unterdrückung von Angst. Ist die zweite Gruppe aktiv, verhindert sie, dass die Aktivität der ersten an andere Stellen im Gehirn weitergeleitet wird. Trotzdem sind die Verbindungen zwischen den Zellen noch vorhanden. Sobald die Maskierung wegfällt, zum Beispiel durch eine Veränderung des Kontexts, werden diese Verbindungen schnell wieder aktiv und die Angst kehrt zurück. Diese Erkenntnisse sei nach Ansicht der Forscher auch auf den Menschen übertragbar.

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
zitiert nach Der Niedergelassene Arzt 4/2011

This almond like structure, ranging from 1-4cm , average about 1.8cm, has extensive connection with the brain. This include it’s neighboring structure hippocampus, entorhinal cortex, basal ganglia (especially the striatum), brainstem, thalamus and hypothalamus. It is also connected well with the limbic system and other associative cortex, prefrontal cortex (major role in behavior), basal forebrain and ect. Hence, it’s stimulation is predicted to bring a major effect to the entire brain! 
Quelle: What happens if Amygdala is damaged? And it’s Link with Klüver-Bucy Syndrome (Teddy Poh, Brain Stories, 09.01.2013); dazu siehe: Klüver-Bucy-Syndrom (Wikipedia)

siehe auch:
- Angsterkrankungen, Sonderforschungsbereich Transregio 58 (SFB TRR 58) „Furcht, Angst und Angsterkrankungen“ (Hans-Christian Pape, Jürgen Deckert, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Uniklinik Würzburg) 
- Die maskierte Angst (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Öffentlichkeitsarbeit und Beziehungsmanagement, 18.03.2011)
- Angst läßt sich kaum verlernen (in Computational Neuroscience, Kap. Lernen und Erinnern, Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2. Ausgabe, April 2011, S. 32, PDF) 
- Angst- und Zwangsstörungen (Abstract-Band, 8. Workshopkongress 31. Symposium der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Trier, S. 130f.)
siehe auch meinen Post: 
- Das posttraumatische Stress-Syndrom (25.02.2015)

"Alles Neuro - oder was" von Martin Hess (Teil 7) - Die Amygdala [9:21]
Hochgeladen am 23.02.2010
7. Ausschnitt aus dem Vortrag "Alles Neuro - oder was? Wie die Mechanismen des Gehirns unser Handeln beeinflussen" - 800 Zuhörer -

Mehr Informationen auf: http://www.step-online.de

zuletzt aktualisiert am 04.05.2016

Sonntag, 8. Mai 2011

Vor 155 Jahren: Sigmund Freud wird geboren

The Alan Parsons Project - Far Away From Home {3:11} Text

linkhoochoon3
Am 25.07.2009 veröffentlicht
Alan Parsons Project - Far Away From Home
Freudiana is the brain child of songwriter and musician Eric Woolfson who hit upon the idea of researching the life and works of Sigmund Freud with a view to their musical potential. Fully aware that doing justice to the genius of such magnitude would involve the highest degree of commitment and application, Woolfson set out to retrace Freud's footsteps and explore his realms in what turned out to be also a voyage of self-discovery. What resulted was not only the story of Freud and his work but perhaps more an image of the composer seen through a Freudian mirror.
Literary sources included Freud's classic cases whose real identities he concealed by using names such as Dora and Little Hans (songs on the album). In addition, Freud's writings on his discovery of the 'unconscious', his well known theories and his masterpiece, 'The Interpretation of Dreams', all served as springboard for musical ideas. Eric Woolfson has worked, together with his 'project' partner Alan Parsons and conductor Andrew Powell, for three years on recording Freudiana. Eric Woolfson has written 17 songs and Alan Parsons the instrumental 'Beyond The Pleasure Principle'.
Lead vocalists on the album are: Eric Woolfson (on the fantastic title song Freudiana, Dora and Let Yourself Go), Leo Sayer, Graham Dye, The Flying Pickets (on 'Far Away From Home': amazing), Marti Webb (on the beautiful 'Don't Let The Moment Pass'), Eric Stewart (on 'Upper Me'), John Miles (on 'There But For The Grace Of God'), the golden voice of Chris Rainbow (on the mini song 'Destiny') and several others.
If you listen to Freudiana, you understand that this album is about psychoanalysis. Consequently not all songs are easy accessible. But that is what makes Freudiana brilliant. Woolfson has developed the concept of Freudiana further into a musical (in the German language), that was staged in the early 1990's in Vienna ('Theater an der Wien').
In short, Freudiana is a beautiful and interesting masterpiece of in particular Eric Woolfson. Highly recommended it to all who really appreciate music.    
 


Sigmund Freud (1856-1939), wäre am 6. Mai 155 Jahre alt geworden.

Aus diesem Anlaß ein kurzer Ausschnitt aus dem Buch von Annette Meyhöfer:

Der Essay von 1927 aber war mehr als nur die lange drängende Aufarbeitung und Bündelung seiner Ideen, war mehr als eine Religionskritik. Die Zukunft einer Illusion war Freuds Glaubensbekenntnis. Und noch einmal ein Versuch, sich selbst – und vielleicht ein paar anderen – Mut zu machen in düsterer Zeit. Er hielt es, wieder einmal, für sein schlechtestes Buch, die Arbeit eines alten Mannes.

[…] Für ihn bedeutet Kultur schlichtweg all das, worin sich das menschliche Leben über seine animalischen Bedingungen erhebt, also das Wissen und Können, das sich der Mensch erworben hat, die Natur zu beherrschen und ihr Güter zur Befriedigung seiner Bedürfnisse abzugewinnen, und dazu die Einrichtungen, welche die Verteilung dieser Güter und die gesellschaftlichen Beziehungen regeln. Aber die Kultur, auf die der einzelne so sehr angewiesen ist, verlange ihm schwere Opfer ab; obwohl sie ihm notwendig ist, bleibe er daher virtuell stets ihr Feind. Während in der Beherrschung der Natur ständig Fortschritte gemacht wurden, war eine ähnliche Entwicklung in der Regelung der zwischenmenschlichen Angelegenheiten kaum zu erwarten, so daß nicht einmal das bisher Erreichte verteidigenswert scheint. An das «Goldene Zeitalter» einer gerechten Verteilung von Gütern, einer Aufhebung von Zwang und Triebunterdrückung mag Freud nicht glauben wenngleich er versichert, daß es ihm fernliegt, «das große Kulturexperiment zu beurteilen, das gegenwärtig in dem weiten Land zwischen Europa und Asien angestellt wird». Nein, dazu fehle ihm die Sachkenntnis und die Fähigkeit, über dessen Ausführbarkeit zu entscheiden, «die Zweckmäßigkeit der angewandten Methoden zu überprüfen oder die Weite der unvermeidlichen Kluft zwischen Absicht und Durchführung zu messen». Der «unpolitische» Freud war der Ansicht, daß der Zwang zur Kulturarbeit die «Beherrschung der Masse durch eine Minderheit» erforderte, «denn die Massen sind träge und uneinsichtig, sie lieben den Triebverzicht nicht».

Freud on God {1:18}
Am 25.12.2007 veröffentlicht
MakeCakeNotWar
4 Freud quotes about God with voice over


Er war jedoch alles andere als ein Reaktionär. Wo waren jene vorbildlichen Individuen, jene «Personen von überlegener Einsicht (…), die sich zur Beherrschung ihrer eigenen Triebwünsche aufgeschwungen haben», wo waren die Führer, die nicht der Verführung der Macht erlagen? Bei allen Menschen waren destruktive, antisoziale und antikulturelle Tendenzen vorhanden, damit mußte man rechnen, das war eine Tatsache. Menschen waren mit den mannigfaltigsten Triebanlagen ausgestattet, durch früheste Kindheitserlebnisse geformt. Sie zum Besseren zu erziehen, hieß ihnen neuen Zwang aufzuerlegen. Doch bestreitet Freud nicht, daß es seit jenen prähistorischen Tagen einen Fortschritt gegeben hat: Der äußere Zwang wurde zum Über-Ich verinnerlicht. Aber auch die unendlich vielen, die vor Mord oder Inzest zurückschreckten, versagten sich doch nicht, wenn sie dabei nur straffrei davonkamen, die Befriedigung ihrer Habgier, ihrer Aggressionslust, ihrer sexuellen Begierden auf Kosten anderer. Und hat eine Kultur die Unterdrückung der anderen, der Mehrheit zur Voraussetzung, «und dies ist bei allen gegenwärtigen Kulturen der Fall», wie sollte man da die Feindseligkeit der Armen und Unterdrückten nicht verstehen?

Nur wäre der Mensch ohne die diktatorische Macht der Zivilisation hilflos der Natur preisgegeben, die längst nicht bezwungen war. Spotteten doch die Elemente allem Zwang, die Erde, die bebte, das Wasser, das im Aufruhr alles überflutete, der Sturm, die Krankheiten und «endlich das schmerzliche Rätsel des Todes, gegen den bisher kein Kräutlein gefunden wurde und wahrscheinlich keines gefunden werden wird». Das Leben ist schwer zu ertragen, für die Menschheit im ganzen wie für den einzelnen. So hat man sich aus dem Verlangen nach Trost, dem Bedürfnis, die eigene Hilflosigkeit und die Unvollkommenheiten der Kultur erträglich zu machen, einen «Schatz von Vorstellungen» geschaffen, aufgehäuft aus dem Material der Erinnerungen, der eigenen und der der Menschheitsgeschichte. So ist die Idee in die Welt gekommen, das Leben diene einem höheren Zweck. Aber die religiösen Vorstellungen, die aus ihren primitiven Anfängen, der Sehnsucht nach dem schützenden Vater, sich zu Lehrsätzen und Dogmen entwickelt hatten, beruhten nicht auf Erfahrung, nicht auf Denkleistungen. Sie waren Illusionen, «Erfüllungen der ältesten, dringendsten Wünsche der Menschheit», und «das Geheimnis ihrer Stärke ist die Stärke dieser Wünsche». Sie beschwichtigten die Angst vor den Gefahren des Lebens, sie erfüllten das Verlangen nach einer Gerechtigkeit, die auf Erden nicht zu finden sei. Sie versprachen die Einlösung von Wünschen über den Tod hinaus.

Eric Woolfson - Little Hans (Graham Dye) {3:15}
Am 11.11.2011 veröffentlicht
AartOfHorus
Terrible playbacking !

Freud sah sie nicht als Irrtümer oder Täuschungen an, all diese Vorstellungen waren aus menschlichen Begehrlichkeiten entstanden. Manche waren den Wahnideen nahe, doch nicht wie diese unbedingt im Widerspruch mit der Realität, allein, mit dem Verstand weder zu beweisen noch zu widerlegen. Man konnte an sie glauben oder nicht, nur sollte man sich nicht darüber hinwegtäuschen, daß man die Wege des korrekten Denkens verließ: «Die Unwissenheit ist die Unwissenheit.» Gerade in Fragen der Religion machten sich die Menschen «aller möglichen Unaufrichtigkeiten und intellektuellen Unarten schuldig». Natürlich wußte Freud, daß seine Polemik gegen die Religion wohlfeil war. Vorüber waren die Zeiten, da solche Äußerungen «eine gute Beschleunigung der Gelegenheit» waren, «eigene Erfahrungen über das jenseitige Leben zu machen». Er würde nicht einmal verfolgt, nicht verbannt werden wie ein Voltaire. Allenfalls würde sein Buch in eine Sprache nicht übersetzt, in einem Land nicht verbreitet werden, natürlich gerade in einem solchen, «das sich des Hochstands seiner Kultur sicher fühlte». Andere wiederum könnten ihm, der doch stets die Übermacht der Triebe betont hatte, seine skandalöse Inkonsequenz vorwerfen, wenn er die Menschheit ihrer «kostbaren Wunschbefriedigung» beraubte, um sie dafür mit karger intellektueller Kost abzuspeisen. Hatte der Mensch nicht «andere imperative Bedürfnisse, die nie durch die kühle Wissenschaft befriedigt werden können»? Seine kategorische Antwort war nein. Denn darum allein ging es ihm, um das «psychologische Ideal, den Primat des Intellekts».

Sigmund Freud - Die Erfindung der Psychoanalyse 1/2     {57:09}
Am 12.01.2013 veröffentlicht
Geist und Psyche
Dokumentation (F 1997)
Teil 1: Die Anfänge 1885-1914 http://youtu.be/Q6fsbGKhS-k
Teil 2: Der Durchbruch 1914-1960 http://youtu.be/4tbwTW82h34
Der erste Teil hält drei wesentliche Etappen der Entstehung der Psychoanalyse fest: Zunächst die Behandlung der weiblichen Hysterie am Ende des 19. Jahrhunderts, dann die Herausbildung eines ersten Kreises von Anhängern und Schülern von Freud in Wien, die die menschliche Persönlichkeit verstehen und von ihren Zwängen befreien wollen, indem sie die Bedeutung von Träumen, Sexualität und Unbewusstem erforschen, und schließlich die Gründung einer internationalen Bewegung mit dem Ziel, diese moderne Lehre und die neuen Behandlungsmethoden für psychische Leiden in der ganzen Welt zu verbreiten. Der Film befasst sich mit den Ärzten, die die Entdeckungen Freuds ermöglicht haben (z. B. Josef Breuer und Wilhelm Fließ) und zeichnet das Porträt der an Hysterie leidenden Frauen (insbesondere Anna O.). Freud, Wissenschaftler und Abenteurer zugleich, schöpfte seine Ideen aus Darwins Theorie und verglich sich mit Christoph Kolumbus. Um ihn scharte sich eine Gruppe Gleichgesinnter (Psychologische Mittwochsgesellschaft), zumeist Wiener Juden, die sich wie er mit der Idee des Todes und des Untergangs ihrer Gesellschaft, des Habsburger Reichs, auseinander setzten. Weitere treue, aber auch weniger überzeugte Anhänger aus anderen Teilen Europas folgten, darunter Sándor Ferenczi (Budapest), Karl Abraham (Berlin), Ernest Jones (London) und Carl Gustav Jung (Zürich). Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs brach die Welt dieser Vordenker zusammen (Frankreich 1997).

Wer nun gar behaupten sollte, seine Schöpfung, die Psychoanalyse, sei eben doch eine Weltanschauung oder wolle eine solche bilden: Nein, nochmals nein! Es handelte sich um «eine Forschungsmethode, ein parteiloses Instrument, wie die Infinitesimalrechnung». Wieviel leichter hatten es doch die Physiker und Mathematiker, die auf sicherem Grund standen! Er hingegen schwebte in der Luft, geistiges Geschehen war so schwer meßbar. So brauchte ihn der Wahrheitswert der Religion wohl kaum zu scheren, schließlich bedienten sich gerade deren Verteidiger seiner Erkenntnisse über das Seelenleben, um die affektive Bedeutung ihres Hätschelkindes herauszustreichen. Aber, tant pis für die Religion, wenn die Psychoanalyse nun doch noch ein Argument gegen sie fände! Das war schon der Mühe wert, all die Begründungen ihrer Fürsprecher, all die Thesen und Dogmen noch einmal auf den Prüfstein zu legen. Hatte die Religion die Menschen sittlicher gemacht? Nein, immer ließen sich Vorschriften veräußerlichen, Absichten vereiteln – wenn Gott allein stark und gut war, konnte der Mensch schwach und sündig sein. Gewiß hatte es zuzeiten geholfen, daß man das Verbot zu morden als Gottes Gebot mit besonderer Feierlichkeit umkleidete. Aber inzwischen hatte man den Heiligenschein von einigen wenigen großen Verboten auf Gesetze und Verordnungen ausgedehnt, denen er schlecht zu Gesicht stand. Wäre es nicht menschlicher, ganz auf ihn zu verzichten, die soziale Notwendigkeit der Kulturvorschriften erkennbar zu machen? Doch wenn, so der advocatus Dei, die religiösen Vorstellungen nicht nur Wunscherfüllungen wären, sondern auch historische Reminiszenzen enthielten? Nein, das waren nur Kinderneurosen, verdrängte Triebansprüche, ähnlich denen in der Vorgeschichte der Menschheit. So war die ganze Religion eine Art allgemeine Zwangsneurose, der gläubigen Menschheit die Wahrheit zu entstellen. So wie man dem Kind vom Storch erzählt.

Sigmund Freud - Die Erfindung der Psychoanalyse 2/2     {56:48}
Am 12.01.2013 veröffentlicht
Geist und Psyche
Dokumentation (F 1997)
Teil 1: Die Anfänge 1885-1914 http://youtu.be/Q6fsbGKhS-k
Teil 2: Der Durchbruch 1914-1960 http://youtu.be/4tbwTW82h34
Der zweite Teil schildert die Umwälzungen auf dem Gebiet der Psychoanalyse nach dem ersten Weltkrieg und der Niederlage der Mittelmächte. Die Theorie gewann außerhalb von Wien Anhänger und eroberte die großen demokratischen Länder. Doch schon bald mussten sämtliche in Kontinentaleuropa angesiedelten Psychoanalytiker vor Nationalsozialismus und Faschismus in die USA und nach Großbritannien fliehen. Die besondere Lage in Frankreich wird anhand der Vorreiterrolle von Marie Bonaparte und den Surrealisten veranschaulicht. Der Film zeigt, wie die psychoanalytische Lehre in Deutschland systematisch ausgelöscht wurde: Die Werke Freuds wurden verbrannt, seine Lehre wurde zur verhassten "jüdischen Wissenschaft" erklärt. Auf Anraten von Jones ließen sich einige mittelmäßige Psychoanalytiker auf eine Kollaboration mit dem Regime ein, um, wie sie sagten, die psychoanalytische Lehre "zu retten". Den Mittelpunkt des Films bildet Freuds Leben: seine Arbeit, seine Schriften, die Strapazen seiner Krankheit, das Londoner Exil, die Entwicklung seiner Ideen und nicht zuletzt die Beziehungen zu seiner Familie, insbesondere zu seiner Tochter Anna, die nach einer Analyse mit ihrem Vater selbst zu einer führenden Vertreterin der Freudschen Lehre wurde. Die erste Psychoanalytiker-Generation zeichnete sich trotz heftiger Kontroversen durch große Loyalität gegenüber den Theorien des Meisters aus; gleichwohl entfernte sich die zweite, in Berlin ausgebildete Generation von der ursprünglichen Lehre Freuds. Das galt insbesondere für Melanie Klein, die Rivalin Anna Freuds und ab 1925 Hauptvertreterin der sogenannten englischen Schule der Psychoanalyse. Sie, die eigentliche Begründerin der Kinder-Psychoanalyse, konzentrierte die psychoanalytische Diagnostik auf das Studium des Ursprungs von Psychosen und der Beziehung zwischen Mutter und Säugling. Schließlich beschäftigt sich der Film mit der Entwicklung der Psychoanalyse nach Freuds Tod, mit Zweifeln und Illusionen und der Wirkung pharmakologischer Behandlungen. Einen bedeutenden Auftrieb erhielt die Freudsche Lehre jedoch durch Anhänger, die den Gründervater nie kennengelernt haben, wie Jacques Lacan und Donald Woods Winnicott (Frankreich 1997).

Doch, noch einmal, wie konnte gerade die Psychoanalyse, die den Menschen als von seinen Leidenschaften und Trieben gelenkt fand, an die Macht des Intellekts appellieren? War nicht das große historische Experiment schon einmal gescheitert, die Anbetung der Vernunft in der Französischen Revolution? Man brauchte wohl nicht besonders neugierig zu sein, wie das russische Experiment ausging. Aber es gab ja kein anderes Mittel, die Triebe zu beherrschen, als die Intelligenz. Was konnte man von Menschen erwarten, die unter Denkverboten standen, narkotisiert waren durch die Religion, schon von früher Kindheit an, da ihre sexuelle Natur betäubt und geleugnet werden mußte? Daher plädiert der Determinist Freud für die «Erziehung zur Realität», zu Nüchternheit und Verantwortlichkeit: «Der Mensch kann nicht ewig Kind bleiben.» Vielleicht würde dann die Kultur keinen mehr erdrücken, vielleicht dürfte man dann ohne Bedauern «mit einem unserer Unglaubensgenossen», mit Heinrich Heine, sagen:

Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.  (aus: Deutschland – ein Wintermärchen, Strophe 10)

The Alan Parsons Project - Freudiana {3:22}
Am 15.09.2007 veröffentlicht
RionaaM
El videoclip de la canción Freudiana, del disco Freudiana, el último que hizo junto con Eric Woolfson. Una hermosa cancion cantada por Eric Woolfson.

Aber was hatte Freud statt der Illusionen zu bieten? Nur seinen traurigen Gott Logos, der, viel weniger mächtig als seine Vorgänger, von den großen Wünschen – «Menschenliebe und Einschränkung des Leidens» vermutlich nur einen kleinen Teil verwirklichen könnte, soweit die Natur, die «Ananke» es gestattete. Und das auch nur «sehr allmählich, erst in unabsehbarer Zukunft und für neue Menschenkinder». Denn «eine Entschädigung für uns, die wir schwer am Leben leiden, verspricht er nicht».

Die Macht des Unbewussten / Teil 1  [43:40]
Veröffentlicht am 17.04.2014
Über 90 Prozent von allem, was wir täglich machen, erledigt unser Gehirn quasi ohne uns. Unbewusst, oft ohne es überhaupt zu merken. Die zweiteilige Dokumentation "Die Macht des Unbewussten" wirft einen Blick auf diesen "inneren Autopiloten?, am Beispiel von Martha und Jake: zwei Menschen, die sich zufällig über den Weg laufen. Und die - wie wir alle - von unbewussten Mustern im Kopf gesteuert werden, angefangen beim Zähneputzen am Morgen, bei der Auswahl der Anziehsachen, der Art, Auto zu fahren bis hin zu möglicherweise der wichtigsten Entscheidung unseres Lebens: der Frage, in wen wir uns verlieben.

Wie tickt der Mensch wirklich? "Die Magie des Unbewussten" begleitet Neurowissenschaftler in aller Welt bei ihren zum Teil verblüffend unterhaltsamen Experimenten: Allan Snyder lässt an der Universität Sydney im Dienst der Hirnforschung Streichhölzer legen. John Bargh in Yale beweist, dass die Stühle, auf denen wir sitzen, unbewusst unseren Verhandlungsstil bestimmen. Henrik Ehrrson in Stockholm bringt Testpersonen dazu, ihren Körper zu verlassen. Walter Mischel stellt in Stanford die Willenskraft von Vierjährigen mit Mäusespeck auf die Probe. In Phoenix, Arizona, erforscht das Wissenschaftlerpaar Susana Martinez-Conde und Stephen Macknik die Neurologie von Zaubertricks. Und in Berlin weist John Dylan Haynes nach, dass unser Gehirn bis zu sieben Sekunden vor uns Entscheidungen fällt. Nicht nur Allan Snyder ist heute überzeugt: "Bewusstsein ist nur eine PR-Aktion Ihres Gehirns, damit Sie denken, Sie hätten auch noch was zu sagen."

Mit Surf-Kameramann Mickey Smith begibt sich "Die Magie des Unbewussten" in der meterhohen Brandung vor Irlands Westküste auf die Suche nach der Macht menschlicher Intuition. Mit dem Gentleman-Dieb Apollo Robbins erliegt der Zuschauer auf dem Strip in Las Vegas der Magie des Unbewussten und erfährt, wie geschickt der Zauberkünstler die Aufmerksamkeit argloser Passanten manipuliert und ihnen wertvolle Dinge vom Körper stiehlt. Sie können gar nicht anders. "Die Magie des Unbewussten" lässt durch Mitmachspiele und spielerische Tests jeden Zuschauer am eigenen Leib erfahren: Unser Gehirn ist es, das uns ständig austrickst.

Aufwändige 3D-Animationen geben ungeahnte Einblicke tief in die Köpfe von Martha und Jake. Sie zeigen: Der Verstand ist schnell überfordert, wenn es darum geht, uns sicher durch den Alltag zu navigieren. Es ist erstaunlich, wie wenig Einfluss er auf unsere Entscheidungen hat.

Für die Autoren Francesca D?Amicis, Petra Höfer und Freddie Röckenhaus ist "Die Magie des Unbewussten" die zweite Fernsehreihe über die Magie des menschlichen Gehirns - nach "Expedition ins Gehirn", die für den Deutschen Fernsehpreis sowie den angesehenen Grimmepreis nominiert wurde.

Die Macht des Unbewussten / Teil 2  [43:34]
Veröffentlicht am 18.04.2014
Wie tickt der Mensch wirklich? "Die Magie des Unbewussten" begleitet Neurowissenschaftler in aller Welt bei ihren zum Teil verblüffend unterhaltsamen Experimenten: Allan Snyder lässt an der Universität Sydney im Dienst der Hirnforschung Streichhölzer legen. John Bargh in Yale beweist, dass die Stühle, auf denen wir sitzen, unbewusst unseren Verhandlungsstil bestimmen. Henrik Ehrrson in Stockholm bringt Testpersonen dazu, ihren Körper zu verlassen. Walter Mischel stellt in Stanford die Willenskraft von Vierjährigen mit Mäusespeck auf die Probe. In Phoenix, Arizona, erforscht das Wissenschaftlerpaar Susana Martinez-Conde und Stephen Macknik die Neurologie von Zaubertricks. Und in Berlin weist John Dylan Haynes nach, dass unser Gehirn bis zu sieben Sekunden vor uns Entscheidungen fällt. Nicht nur Allan Snyder ist heute überzeugt: "Bewusstsein ist nur eine PR-Aktion Ihres Gehirns, damit Sie denken, Sie hätten auch noch was zu sagen."

Mit Surf-Kameramann Mickey Smith begibt sich "Die Magie des Unbewussten" in der meterhohen Brandung vor Irlands Westküste auf die Suche nach der Macht menschlicher Intuition. Mit dem Gentleman-Dieb Apollo Robbins erliegt der Zuschauer auf dem Strip in Las Vegas der Magie des Unbewussten und erfährt, wie geschickt der Zauberkünstler die Aufmerksamkeit argloser Passanten manipuliert und ihnen wertvolle Dinge vom Körper stiehlt. Sie können gar nicht anders. "Die Magie des Unbewussten" lässt durch Mitmachspiele und spielerische Tests jeden Zuschauer am eigenen Leib erfahren: Unser Gehirn ist es, das uns ständig austrickst.

Aufwändige 3D-Animationen geben ungeahnte Einblicke tief in die Köpfe von Martha und Jake. Sie zeigen: Der Verstand ist schnell überfordert, wenn es darum geht, uns sicher durch den Alltag zu navigieren. Es ist erstaunlich, wie wenig Einfluss er auf unsere Entscheidungen hat.

Für die Autoren Francesca D?Amicis, Petra Höfer und Freddie Röckenhaus ist "Die Magie des Unbewussten" die zweite Fernsehreihe über die Magie des menschlichen Gehirns - nach "Expedition ins Gehirn", die für den Deutschen Fernsehpreis sowie den angesehenen Grimmepreis nominiert wurde.


Eindringlich beschwört Freud den alten aufklärerischen Glauben an die Wissenschaft und damit an die Möglichkeit, durch sie etwas über die Realität der Welt zu erfahren, «wodurch wir unsere Macht steigern und wonach wir unser Leben einrichten können». Mochte er noch so oft betont haben, wie kraftlos der Intellekt im Vergleich zum Triebleben sei: «Aber es ist doch etwas Besonderes um diese Schwäche; die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat.» Am Ende, «nach unzählig oft wiederholten Abweisungen», würde man sie verstehen, das wollte er gern glauben. Vielleicht war auch die Wissenschaft eine Illusion, doch hatte sie nicht durch ihre großen und bedeutsamen Erfolge den Beweis erbracht, daß sie keine ist? Er war nicht blind gegen ihre Bedingungen und Bedingtheiten. Gerade die Subjektivität allen Denkens, die Beschränkung der Wissenschaft, die Endlichkeit ihrer Resultate gibt ihm Hoffnung auf ihre pragmatische Kraft, ihren Sieg über alle Ideologien: «Nein, unsere Wissenschaft ist keine Illusion. Eine Illusion aber wäre es zu glauben, daß wir anderswoher bekommen könnten, was sie uns nicht geben kann.»

Er war der alte Skeptiker geblieben, der sich in einer immer mehr sich verdunkelnden Welt den Optimismus der Verzweiflung leistete. Oskar Pfister konnte ihm ruhig nachloben, sein wissenschaftlicher Religionsersatz sei «im Wesentlichen der Aufklärungsgedanke des 18. Jahrhunderts in stolzer moderner Auffrischung». Sein «écrasez l'infame» mochte nicht viel bedeuten, gewiß, aber seine leise Stimme erhob sich auch gegen all jene, Ideologen und Politker, die sich nur zu gerne der Religion oder dessen, was sie daraus machten – als Instrumentarium, als Propagandamittel und Hetzwerkzeug bedienten und die ihre gläubigen Anhänger fanden, zahlreicher denn je, triebhafter, mörderischer. Keiner von all denen würde diese Stimme hören. Vermutlich hatte Pfister sogar recht, daß die Menschen, denen die Psychoanalyse «diese ausgeplünderte Welt» als höchste Erkenntnis vorführte, daß diese «armen Leute sich lieber in die Klause ihrer Krankheit flüchteten, als in diese schauerliche Eiswüste zögen». Aber als der Freund in seiner Entgegnung, Die Illusion einer Zukunft, ihn seines unberechtigten Optimismus, seines Aberglaubens an die Macht des Wissens zu überführen suchte, entgegnete Freud nur, wie zum Teufel Pfister es denn anstelle, alles, was man in der Welt erlebte und zu erwarten hatte, mit dem Postulat einer sittlichen Weltordnung zusammenzubringen?

Die Wissenschaft, die Analyse war ihm, wie in den Jahren des Großen Krieges, ein Trost, die einzige Rettungsmöglichkeit gegen die eigenen, ewigen Schmerzen, gegen das allgemeine Krebsgeschwür der Demagogie und des Massenwahns. Das hatte Pfister wiederum sehr genau verstanden, Freud war eben «in der Nähe pathologischer Religionsformen» aufgewachsen, die er für Religion ansah. Sein Mentor wollte sich nicht, jedenfalls nicht direkt über Parteien und Prälaten äußern, nicht über Ideologen und Pseudowissenschaftler. Nur eine Andeutung macht er in seinem Aufsatz: «Als Illusion kann man die Behauptung gewisser Nationalisten bezeichnen, die Indogermanen seien die einzige kulturfähige Menschenrasse.» Gegenüber Arnold Zweig wurde er Ende 1927 direkter: «In der Frage des Antisemitismus habe ich wenig Lust, Erklärungen zu suchen, verspüre ich eine starke Neigung, mich meinen Affekten zu überlassen, und fühle mich in der ganz unwissenschaftlichen Einstellung bestärkt, daß die Menschen so durchschnittlich und im großen ganzen doch elendes Gesindel sind.» (Brief vom 2.12.1927)
[Annette Meyhöfer, Eine Wissenschaft des Träumens, Albrecht Knaus Verlag, München 2006, S. 674f.]

Alan Parsons-I am a mirror- [4:00] Text
Hochgeladen am 14.11.2009
Brano dell'album Freudiana-I am a mirror(io sono uno specchio)


[…]



Freud heute…
In diesen Tagen hat die katholische Kirche wieder Schwierigkeiten mit der Homosexualität:

Schwule und Kirche: Kann denn Liebe Sünde sein? (derwesten.de vom 13.04.2010)
zu den Ausführungen des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck in der ARD-Talkshow Anne Will

"Ich darf nicht länger schweigen" (fr-online.de vom 23.04.2010)
die Reaktion des Lehrers und Publizisten David Berger auf Overbecks Äußerungen

Meisner entzieht schwulem Pädagogen Lehrerlaubnis (spiegel online vom 05.05.2011)
Der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner hat dem Religionslehrer und Publizisten David Berger die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen. 

Auch in der evangelischen Kirche wird diskutiert

Was heißt hier widernatürlich? (Zeit Online vom 20.01.2011)
Vorige Woche veröffentlichten acht Altbischöfe einen Bannbrief gegen die Homo-Ehe im evangelischen Pfarrhaus. Jetzt verteidigen acht liberale Theologen das Recht auf freie Wahl des Lebenspartners: Diese Freiheit muss auch für Pfarrer gelten! 


Freud on Freud [2:08]

Hochgeladen am 28.12.2007
Sigmund Freud Psychology Personality

[…]

Manchmal schien er, der seit so vielen Jahren unter der Todesandrohung lebte, seltsam gleichgültig gegen das Schicksal seiner Nächsten, schien die «Kruste von Unempfindlichkeit» ihn vollkommen überzogen zu haben. Oder glaubte er wirklich, daß es noch eine Rettung für sie in diesem Land geben konnte? Die Zeichen waren schwer zu deuten, selbst für den Mann, der die großen Illusionen der Menschheit zerstört hatte. Er war, trotz seiner dem widersprechenden Bulletins, alles andere als resigniert, er kannte nicht die falsche Versöhnlichkeit des Alters, das hatte Arnold Zweig richtig gesehen. Er war zornig und wütend, aber er nahm sich, der so oft ungeduldig war mit seinem Patientengesindel, der sooft als intolerant beschrieben-wurde, die Zeit, einer verzweifelten Frau aus Amerika ausführlich zu antworten. Ihr Sohn sei homosexuell, das sei doch kein Laster, schrieb er ihr, keine Erniedrigung, keine Krankheit. Große Männer, die Größten, Plato, Michelangelo, Leonardo, seien homosexuell gewesen. Es sei vielmehr eine Ungerechtigkeit, Homosexualität als Verbrechen zu verfolgen, eine Grausamkeit. Eine Analyse könne die sexuelle Orientierung ihres Sohnes kaum ändern, sie könne ihm nur, wenn er unglücklich, innerlich zerrissen oder gehemmt sei, Harmonie, Seelenfrieden, Leistungsfähigkeit wiedergeben. Allerdings müsse der junge Mann schon nach Wien kommen, wenn er von ihm behandelt werden wolle. Er habe nicht die Absicht wegzugehen. Die Frau schickte den Brief später anonym an Alfred Kinsey, «den Brief eines großen, guten Mannes», dem sie dankbar war. Freud war ganz einfach, ohne jede Altersmilde, der geblieben, der er - fast - immer war, ein Mann, der kühl und distanziert wirkte, dem jedoch nichts zu klein, zu gewöhnlich oder gar unrein war.

aus Meyhöfer, Eine Wissenschaft des Träumens, 
zur Zeit – auch gebunden – sehr preiswert erhältlich

Freudiana - Don't Let The Moment Pass [3:40] Text

Hochgeladen am 27.09.2007
Video amb el tema Don't Let The Moment Pass de l'àlbum Freudiana amb imatges de Sigmund Freud, Eric Woolfson i Alan Parsons


Songtexte sind hier zu finden.
siehe auch:
- Der Seelenforscher (Deutschlandradio Kultur, 23.09.2014)
- Sigmund Freud: War er ein guter Vater? (Elisabeth von Thadden, ZON, 27.05.2010)
- Festhalten an Freud (Klaus Heinrich, Lettre International 78, Herbst 2007)
- 150 Jahre Sigmund Freud – Auf der Suche nach dem gelobten Land (Birgit Lahann, Stern, 07.05.2006)


zuletzt aktualisiert am 02.04.2017