Samstag, 28. Mai 2011

Parentalisierung

Eine besondere Bedeutung wird oft der Abgrenzung des elterlichen Subsystems im Kontext der Gesamtfamilie beigemessen (besonders in der strukturellen Familientherapie). Da, wo dessen Funktion und Abgrenzung unklar ist, wird der Bestand der Familie als bedroht gesehen. Ein geordnet verlaufender Entscheidungsprozeß – so die Überlegungen – verlangt klare Grenzen. Wenn die Ehepartner die Entscheidungen des anderen jeweils boykottieren oder wenn die Kinder gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen, mit denen sie überfordert sind, kann es zu Symptomen kommen, die auf die Störung im Kommunikationssystem Familie hinweisen. Das bedeutet nicht, daß Kinder nicht am Entscheidungsprozeß beteiligt sein sollten (die autoritäre Familie ist auch in Modellen der Kybernetik erster Ordnung nicht Idealbild!), sondern, daß ihnen keine Elternfunktionen übertragen werden dürfen: Kinder leben in einer Situation ungleich verteilter Macht, und es ist Bestandteil sozialen Lernens, daß sie lernen, in solchen Situationen zu verhandeln (MINUCHIN 1977) und die Erfahrung machen: »Ich bin nicht allmächtig und ich bin nicht ohnmächtig!« (COHN 1975). Die Beteiligung von Kindern an Elternfunktionen, manchmal auch an Partnerfunktionen wird bei STIERLIN als »Parentalisierung« bezeichnet, für HALEY (1980) ist dieses Muster das Kennzeichen sogenannter »perverser Dreiecke«, in vielen der »klassischen« familientherapeutischen Modelle das zentrale Merkmal dysfunktionaler Familienstrukturen.

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