Freitag, 30. Dezember 2016

Eine neue Art politischen Denkens… von Foucault zu Eribon

Geistesleben Didier Eribon war der Intellektuelle des Jahres 2016. Er steht für eine neue Art politischen Denkens 

Didier Eribon besucht Berlin, und alle kommen. Vom Charlottenburger Bildungsbürger über den Neuköllner Hipster bis zum autonomen Aktivisten. Schaubühne, taz-Café, Rosa-Luxemburg-Stiftung und Hebbel am Ufer, vier Veranstaltungen in fünf Tagen, jedes Mal sind die Reihen voll: der Eribon-Effekt. 

Aber während sein in Deutschland sehr erfolgreiches Buch Rückkehr nach Reims von dem Zusammenspiel von autobiografischer Erzählung und soziologischer Analyse lebt, versteckt sich der Franzose als Person auf der Bühne lieber hinter dem Habitus des Berufssoziologen. Als Redner ist er zugleich ausschweifend und scheu. Alle Versuche der Moderatoren, ihm packende persönliche Anekdoten zu entreißen – „Wie war Foucault als Mensch? Haben Sie wieder Kontakt zu Ihren Brüdern?“ –, laufen ins Leere. Die Hoffnung, dass hier einer nicht nur aktuelle Konflikte analysiert, sondern sie auch selbst anschaulich verkörpert, wird enttäuscht. Eribon doziert, trägt eben die Thesen aus seinem Buch vor – und verweigert die Rolle des „Leibhaftigen“, die Aufführung des charismatisch herumpolternden Intellektuellen, auf den das Publikum in diesen aufgeheizten Tagen so dringend zu warten scheint.
mehr:
- Scham und Haltung (Peter Rehberg, der Freitag, 21.12.2016)

European Angst - Didier Eribon & Heinz Bude im IPW | 12.10.16 [1:08:31]

Pierre Werner
Veröffentlicht am 22.11.2016
Am 12. Oktober 2016 diskutierten im IPW zwei der renommiertesten Soziologen Europas, Didier Eribon und Heinz Bude, warum nationalistische und euroskeptische Parteien im Aufwind sind und wieso sich immer mehr Bürger verlassen, bevormundet oder übergangen fühlen.


Didier Eribon | Warum die Arbeiterklasse nach rechts rückt [13:01]

MarcGold - Der Nachhaltigkeitskanal
Veröffentlicht am 05.12.2016

Didier Eribon: Warum die Arbeiterklasse nach rechts rückt Deutschlandradio Kultur | Sein und Streit | 04.12.2016 Der französische Soziologe Didier Eribon beschäftigt sich in "Rückkehr nach Reims" mit der Frage: Warum wählen große Teile der Arbeiterschaft nicht mehr links sondern rechts? Er hält die linke Elite für mitverantwortlich: Diese habe den Klassenbegriff eliminiert - die Rechte besetze nun diese Thema. Die französische Linke hat den Klassenkampf abgeschafft Eribon sieht die Ursache vor allem bei der französischen linken Elite: Wenn man sich die französische – eigentlich die gesamt europäische Sozialdemokratie – der vergangenen Jahre anschaue, dann werde deutlich, dass diese, zusammen mit den Intellektuellen an Universitäten versucht hätten, "die Notion von Klassen abzuschaffen, das Vokabular abzuschaffen. Und das hat, meiner Meinung nach, dazu geführt, dass wir heute ganz andere Entwicklungen haben." Es sei wichtig, dieser sozialdemokratisch-intellektuellen Negierung von Klassenkampf etwas – eine neue intellektuelle Analyse - gegenüberzustellen, worüber man zu einer neuen Wahrnehmung sozialer Realitäten finde. "Die linke Sozialdemokratie hat in gewisser Weise etwas eliminiert, was jetzt von Rechts für sich beansprucht wird." Früher, während seiner eigenen Kindheit, stand der Begriff "wir Arbeiter" für die gemeinsame Opposition gegen kapitalistisch-bourgoise Fabrikbesitzer. "Wenn heute in meiner Familie von ‚wir Arbeiter‘ gesprochen wird, dann richtet sich das gegen Einwanderer und gegen politische Eliten", sagt der Soziologe. Front National bedient die Bedürfnisse Und leider müsse man feststellen, dass in dieser Situation die Front National als einzige Partei in Frankreich den Eindruck vermittle, als sie wolle etwas im Interesse der Arbeiter tun. Die regierenden Sozialisten hätten durch einige Gesetzesänderungen leider genau das Gegenteil signalisiert und getan. Die Folge: Bei den letzten Regionalwahlen hätten 51 Prozent der Arbeit Front National gewählt. Es sei eben kein Naturgesetz, dass die Arbeiterklasse automatisch links wähle. Im übrigen, betonte Eribon, müsse auch mit einigen anderen Mythen aufgeräumt werden – wie etwa dem, dass man die Arbeiterklasse automatisch für ihren aufrechten Kampf um soziale Gerechtigkeit für alle Zeit lieben müsse. So habe er bereits als Jugendlicher die Erfahrung gemacht, dass "aus dieser Klasse auch Rassismus, Homophobie und Sexismus kamen." Didier Eribon: Rückkehr nach Reims Suhrkamp edition, Berlin 2016 240 Seiten, 18 Euro

Dokumentation: Foucault gegen Foucault [HD] [53:18]

3mi
Veröffentlicht am 20.06.2014

Mit seinen desillusionierenden Gesellschaftsanalysen wurde Michel Foucault zu einem der bedeutendsten und umstrittensten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Foucault starb vor 30 Jahren, am 25. Juni 1984, im Alter von 57 Jahren an Aids. Zum 30. Todestag zeigt ARTE ein Porträt, das Foucaults unglaublich vielseitiges, in nur 20 Jahren geschaffenes Werk sowie seine Zeit beleuchtet. Origin: ARTE F Land: Frankreich Jahr: 2014 Als Live verfügbar: ja Tonformat: Stereo Bildformat: HD, 16/9 Arte+7: 18.06-25.06.2014 (Quelle: http://www.arte.tv/guide/de/050573-00...) - no copyrightinfrigdement intended, for noncommercial purposes only. contact me, if i should remove this video.

Die Wahrheit der Lüste. Zur Philosophie von Michel Foucault [43:44]

alexomat2
Veröffentlicht am 24.05.2012
Eine Dokumentation über Michel Foucault von Hanns-Christoph Koch und Jochen Köhler aus dem Jahr 1991.


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  • Foucaults Denken wird von Marxisten – wohl auch wegen Foucaults Kritik am Marxismus – einer Logik des fortgeschrittenen Kapitalismus zugeschrieben.[30] Gleichzeitig kritisierte man, er stelle das kritische Denken durch ein fiktionalistisches Festschreiben subjektiven Erkennens, also durch Ununterscheidbarkeit, in Frage.
  • Nach dem Erfolg von Die Ordnung der Dinge attackierte Jean-Paul Sartre in einer aufsehenerregenden Rezension Foucault. Sartre, der sich als Vertreter des Existenzialismus dem Humanismus gegenüber verpflichtet sah, richtete seine Kritik auf Foucaults Absage an den Humanismus. Aus der Perspektive Foucaults ist der Humanismus im 20. Jahrhundert theoretisch unfruchtbar und praktisch-politisch - im Osten wie im Westen - eine reaktionäre Mystifikation. Insbesondere im Erziehungssystem schneide er den Menschen von der Realität der technisch-wissenschaftlichen Welt ab.[31] Zu beachten ist dabei allerdings, dass Foucault bei seiner Kritik weniger den Humanismus an sich, sondern eher die Humanwissenschaften in den Fokus nahm.[31]
  • In der Foucault-Habermas-Debatte sieht der Philosoph Jürgen Habermas Foucault in der Tradition einer radikalen Vernunftkritik, die von Nietzsche ausgehend zu den französischen Neostrukturalisten führe. Foucaults Machttheorie verfange sich dabei in unauflösbare Selbstwidersprüche.[32]
  • Der Linguist, Sozial- und Sprachphilosoph Noam Chomsky, der wie Foucault über die französische Grammatik und Logik der Barockzeit gearbeitet, gleichartige Themen der politischen Philosophie behandelt hatte und mit diesem u. a. 1971 eine Fernsehdebatte über Anthropologie führte,[33] gestand Foucault zu, noch der verständlichste und gehaltvollste der französischen Poststrukturalisten und Postmodernisten zu sein; jedoch seien weite Teile seiner Arbeiten unklar, falsch oder wiederholten nur in prätentiöser rhetorischer Aufbereitung bereits bekannte, eher triviale Gedanken und Forschungsergebnisse anderer.[34]
  • 1998 belegte der deutsche Historiker Hans-Ulrich Wehler Foucault und sein Werk mit harscher Kritik.[35] Wehler sieht in Foucault einen schlechten Philosophen, der sich in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu Unrecht großer Resonanz erfreue. Seine Arbeiten seien nicht nur in ihren empirisch-historischen Aspekten unzulänglich, sondern auch an zahlreichen Stellen von begrifflichen Konfusionen und inneren Widersprüchen durchzogen. Auch leide Foucaults Werk unter einem Frankozentrismus, was schon daran erkennbar sei, dass Foucault die Arbeiten zentraler Theoretiker der Sozialwissenschaften wie Max Weber und Norbert Elias nicht zur Kenntnis genommen habe.
An Foucaults Diskurstheorie kritisiert Wehler vor allem, dass sich die Diskurse verselbständigen würden. Subjekte seien aber nicht die Diskurse selbst, sondern die Träger der Diskurse, von denen bei Foucault keine Rede sei. Den Machtbegriff Foucaults hält Wehler für „zum Verzweifeln undifferenziert“.[36] Foucaults These der „Disziplinargesellschaft“ sei überhaupt nur dadurch möglich, dass Foucault keine Unterscheidung von Autorität, Zwang, GewaltMachtHerrschaft und Legitimität kenne. Hinzu komme, dass sich diese These auf eine einseitige Quellenauswahl (psychiatrische Anstalten, Gefängnisse) stütze und andere Organisationstypen wie beispielsweise Fabriken außen vor lasse.
Insgesamt kommt Wehler zu dem Ergebnis, dass Foucault „wegen der endlosen Mängelserie seiner sogenannten empirischen Studien […] ein intellektuell unredlicher, empirisch absolut unzuverlässiger, kryptonormativistischer ‚Rattenfänger‘ für die Postmoderne“ sei.[37]
  • Der Politikwissenschaftler Urs Marti, der 1999 ein Buch über Foucault veröffentlichte, meint, Foucault habe in Anlehnung an Friedrich Nietzsche einen anarchistischen Nihilismus vertreten.[38] Er würdigt aber die „befreienden Impulse“, die von seinem Werk ausgegangen seien, insbesondere seine „archäologisch-genealogischen“ Analysen der Humanwissenschaften und der Aspekte des Regierens.[39] Er sei kein Vertreter der Gegenaufklärung, sondern habe es für absurd gehalten, in der Aufklärung eine Ursache des Totalitarismus zu sehen.[39]
  • Klaus Dörner attestierte Foucault in Bürger und Irre 1969 eine beschränkende Wirklichkeitsstrukturierung. Es sei außerdem unzulässig, alle von der Aufklärung unternommenen Anstrengungen als ideologisch zu verwerfen, da dadurch keinerlei gesellschaftlich verändernde Praxis mehr entwickelt werden könne. Ähnlich argumentierte Sartre, als er Foucault ein fatalistisches Geschichtsbild vorwarf, das politische Praxis unmöglich mache.[40]
  • Foucault wurde auch ein allzu selektiver Umgang mit historischen Daten vorgeworfen, der es ihm erst ermögliche, seine Periodisierungen vorzunehmen.[41]
  • Michel de Certeau hat Foucaults Theorien in zahlreichen Schriften aufgegriffen und sowohl kritisiert, als auch weiterentwickelt. Insbesondere in Die Kunst des Handelns setzt er Foucaults Überwachungs-Konzept einen Fokus auf Alltagspraxis als kreativen Spielraum entgegen, worin sich eine Form von Freiheit formiert, die der soziologischen Forschung genauso wie den Kontrollmechanismen und Überwachern verborgen bliebe.[42]
 [Michel Foucault, Kritik an Foucault, Wikipedia, abgerufen am 30.12.2016]
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siehe auch:
- Geschichte der Psychiatrie: Wahnsinn ist keine Krankheit (Christof Goddemeier, Deutsches Ärzteblatt, 2011)

Americans are stupid and proud of it! (50) In America you have the right to be stupid! [4:59]



Lumea lui Gaita
Veröffentlicht am 01.12.2016
Sam Cooke: - What A Wonderful World Don't know much about history Don't know much biology Don't know much about a science book, Don't know much about the french I took. Don't know much about geography, Don't know much trigonometry. Don't know much about algebra, Don't know what a slide rule is for.


Die Preisfrage lautet:
Wer kommt weiter?
Wo ist weiter?

siehe dazu:

- Hilft Wissen? (Post, 30.11.2014)
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Freitag, 23. Dezember 2016

Sprachverarbeitung ist kulturabhängig

Erwachsenen Englisch-Muttersprachlern hilft der Blick auf den Mund beim Erkennen von Silben, bei Japanisch-Muttersprachlern ist das Gegenteil der Fall


In einer in Scientific Reports veröffentlichten Studie zeigen die an der japanischen Kumamoto-Universität forschenden Wissenschaftler Satoko Hisanaga, Kaoru Sekiyama, Tomohiko Igasaki und Nobuki Murayama, dass Englisch- und Japanisch-Muttersprachler Silben, die von anderen Personen gesprochen werden, auf unterschiedliche Weise verarbeiten, sobald sie ein Alter von sechs bis acht Jahren erreicht haben.

Nach Erreichen dieser Altersgrenze richten Englisch-Muttersprachler ihren Blick automatisch auf den Mund eines Video-Gegenübers, während ihn Japanisch-Muttersprachler umherschweifenden oder auf Augen oder Nase ruhen lassen. Englisch-Muttersprachlern hilft dieser Blick offenbar, um ähnliche Silben wie "ba" und "ga" zu unterscheiden. Japanisch-Muttersprachler verlassen sich bei der Silbenerkennung dagegen ausschließlich auf ihr Gehör. Bringt man sie dazu, ihren Blick auf den Mund ihres Gegenübers zu richten, dauert die Identifikation sogar etwas länger.

mehr:
- Sprachverarbeitung ist kulturabhängig (Peter Mühlbauer, Telepolis, 20.12.2016)
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Dienstag, 13. Dezember 2016

Geduld

Wir sind eine ungeduldige Gesellschaft. Alles muss schnell geschehen, die Ergebnisse müssen schnell vorliegen oder wir verlieren das Interesse. Und weil wir so ungeduldig sind, verstehen wir nicht, worum es bei der Geduld wirklich geht. Wenn man uns sagt, dass wir geduldig sein sollen, so denken wir häufig, es sei ein Zeichen dafür, dass wir uns nicht um das Ergebnis kümmern sollen, dass wir uns also der Praxis nicht so sehr widmen sollen und dass wir den Dingen ihren Lauf lassen können, wann immer sie es wollen. Wir denken, dass Geduld einen Mangel an Entschlusskraft bedeutet, dass man sorglos und dafür gleichgültig ist, wann denn nun die Dinge geschehen, wann sich die Resultate zeigen werden.

Das bedeutet Geduld aber nicht. Geduld heißt, mit den Ursachen unserer Praxis auszuharren, gleichgültig wie lange es dauert bis zu den Resultaten. Mit anderen Worten, führt ihr entschlossen eure Praxis durch, ihr beharrt dabei, langsam und beständig. Khanti, das Pâli-Wort, das wir oft als Geduld übersetzen, bedeutet auch Ausdauer. Das heißt, dass ihr zu der Sache steht, selbst wenn es lange dauern sollte, bis sich Ergebnisse zeigen. Ihr werdet dabei nicht frustriert. Erinnert euch daran: Dies ist ein Pfad, der Zeit beansprucht. Schließlich gewöhnen wir uns ja eine Menge Gewohnheiten ab, die wir für eine sehr lange Zeit hatten. Es ist also nur vernünftig, anzunehmen, dass es einige Zeit dauern wird, bis wir uns entwöhnt haben. Der einzige Weg, um sie uns abzugewöhnen, ist, sich tatsächlich an die Praxis zu halten und bei unserem Tun Entschlossenheit zu üben. Diese feste Entschlossenheit wird den Unterschied ausmachen.

Ajahn Thate spricht davon, so geduldig zu sein wie die Bauern. Selbst, wer von euch niemals auf einem Bauernhof gelebt hat, weiß, dass Bauern kein leichtes Leben haben. Sie arbeiten schwer, besonders in Thailand, wo sie kaum arbeitserleichternde Hilfsmittel besitzen. Wenn die Zeit kommt, das zu tun, was getan werden muss, so müssen sie es schnell tun. Wenn also die Reiskörner reif sind, muss man sie schnell ernten, bevor sich die Mäuse daran machen. Man muss sich schnell darum kümmern und die Körner von der Spreu trennen, noch ehe der Regen der späten Saison sie verdirbt. Die Geduld eines Bauern bedeutet also nicht, sich einfach Zeit zu lassen und Dinge nebenher zu erledigen. Eher ist sie von einer Art, die weiß, dass man nicht heute den Reis pflanzen und morgen die Körner reifen sehen kann. Es wird Zeit nötig sein und während dieser Zeit wird Arbeit erforderlich sein.

Glücklicherweise haben die Bauern Erfahrung. Sie wissen aus der Erfahrung der vergangenen Jahre, wie lange es dauern wird. Wir haben diese Erfahrung aber nicht. Wir arbeiten an etwas Neuem, wir entwickeln neue Gewohnheiten in unserem Geist. Manchmal lesen wir den Abschnitt in der Satipaúúhâna Sutta darüber, wie man in sieben Tagen das Erwachen erlangen kann, wenn man wirklich den rechten Eifer auf- bringt, und wir ziehen daraus unrealistische Vorstellungen, wie schnell wir zu Resultaten kommen sollten, um unsere Praxis als erfolgreich anzusehen. Damit soll nicht gesagt werden, dass es nicht möglich ist, sondern nur, dass die meisten der Leute, welche in sieben Tagen zu Resultaten gelangen konnten, diese auch schon erlangt haben und ins Nibbâna gegangen sind. Damit bleibt der Rest von uns, die wir so dahinwursteln, übrig – was aber nicht heißt, dass wir uns deshalb unserer Praxis weniger widmen sollten. Wir sollten uns nur bewusst sein, dass es Zeit erfordern wird.

Gute Dinge brauchen immer Zeit. Die Bäume mit dem stabilsten Kernholz sind jene, die am längsten zum Wachsen benötigen. Wir praktizieren also und konzentrieren uns auf das, was wir gerade tun, statt einen inneren Dialog darüber zu führen, wann denn nun die Resultate erscheinen werden, wie sie aussehen werden und wie wir die Praxis beschleunigen können. Häufig erweisen sich unsere Bemühungen, die Dinge zu beschleunigen tatsächlich aber als Hindernis. Unsere Praxis ist doch wirklich einfach: Bleibt beim Atem, lasst den Geist mit dem Atem zur Ruhe kommen, seid Freunde des Atems. Gestattet dem Atem, sich zu öffnen und immer sanfter zu werden, immer durchlässiger, so dass eure Achtsamkeit in den Atem einsickern kann. Das ist alles, was ihr tun müsst.

Natürlich wollen wir den Prozess am liebsten beschleunigen, damit die Resultate schneller kommen, aber was wir auch hinzu addieren, es wird zum Hindernis. Versucht also alles ganz einfach zu halten. Bleibt einfach nur beim Atem. Wenn der Geist einen Dialog beginnt, dann lasst euch nur darauf ein, wenn es darum geht, wie sich der Atem eben jetzt anfühlt und erinnert euch daran, beim Atem zu verharren und den Geist einzufangen, wenn er entschlüpfen will. Selbst wenn ihr versucht, alles einfach zu halten, den Geist beim Atem zu festigen, bleibt doch noch eine Menge zu tun. Ob nun die Resultate so schnell kommen, wie ihr es gerne hättet, oder ob sie so lange anhalten, wie ihr es wünscht, wenn sie schließlich kommen, das hängt davon ab, was ihr eben jetzt mit dem Atem macht. Unser Wunsch nach schnellen Resultaten und unser Wunsch nach bleibenden Ergebnissen wird sie hier nicht halten. Das tatsächliche Tun in der Praxis wird den Unterschied ausmachen.

Es gibt eine Stelle in den Texten, an der der Buddha über eine Henne spricht, die ihre Eier ausbrütet. Ob die Henne nun das Verlangen hat, die Eier zu bebrüten oder nicht, sie werden sich dennoch entwickeln. Ob sie nun einen kleinen Dialog darüber führt, wie schnell sie möchte, dass sie schlüpfen und warum sie denn nicht schneller kommen oder ob sie das nicht tut, all diese kleinen Fragen, zu denen ihr wahrscheinlich das Hirn fehlt ... Unser Problem ist, dass wir das Hirn haben, diese Fragen zu stellen und sie werden uns hinderlich. Wenn ihr also Fragen stellt, dann fragt danach, was ihr gerade tut: „Bist du dabei, dich wegzuschleichen? Wo gehst du hin? Suchst du Schwierigkeiten? Oder harrst du genau hier aus?“ Das ist schon alles, was ihr zu fragen habt. Seid einfach wirklich beharrlich und entschlossen, bei dem zu bleiben, von dem ihr wisst, dass ihr es tun müsst. Wenn ihr merkt, dass ihr nachlasst, so lernt, wie man sich auf dem Weg selber mit Worten aufmuntert und ermutigt. Tut alles, was ihr nur könnt, um den Geist so beständig und ausdauernd wie möglich genau hier zu halten. Beständigkeit ist es, die den Schwung aufbaut. Wir wünschen uns zwar, dass dieser Schwung schnell zustande kommt, manchmal ist aber unser Geist zu schwerfällig und ein schwerfälliger Geist braucht Zeit zur Beschleunigung. Versucht also, so gut ihr könnt, Ballast abzubauen und die Dinge schlicht zu halten. Haltet die Konzentration auf dem Atem und bleibt in eurem Tun entschlossen.

Was die Resultate betrifft, habt Geduld! Gestattet euch aber nicht, gegenüber irrenden Gedanken, die euch vom Atem abbringen, Geduld oder Toleranz zu zeigen. Geduld bezieht sich auf den Kausalitätsprozess in dem Sinne, dass ihr das Erscheinen der Resultate nicht vorantreiben könnt, wenn die Ursachen nicht stimmen. Manchmal dauert es einige Zeit bis die Ursachen zusammenwirken. Ihr könnt aber sicher sein, dass sie, wenn sie es dann tun, die Resultate hervorbringen werden, ohne dass ihr eine Menge voreingenommener Annahmen darüber zusammenbrauen müsst.

Wenn sie also kommen, dann gebt die Ursachen nicht auf. Sobald der Geist schließlich das Gefühl hat, dass er sich niederlässt und sich behaglich fühlt, verlasst nicht den Atem, um euch auf die Behaglichkeit zu konzentrieren. Die Behaglichkeit ist da und ihr könnt daran denken, sie durch den Körper auszubreiten, tut dies aber mit Hilfe des Atems. Wenn ihr den Atem verlasst, so ist das, als würde man das Fundament eines Hauses verrotten lassen. Ihr mögt das Haus, es ist ein behaglicher Ort, wenn ihr euch aber nicht um das Fundament kümmert, werdet ihr bald keinen Aufenthaltsort mehr haben.

Die Aufmerksamkeit sollte also immer auf die Ursachen gerichtet sein und ihr solltet euch den Ursachen mit so viel Zuwendung und Entschlossenheit widmen, wie ihr nur aufbringen könnt. Lasst die Gedanken darüber, wie lange ihr schon praktiziert und welche Resultate es in der Vergangenheit gab, los. Konzentriert euch darauf, was ihr jetzt tut, ausschließlich auf das, was ihr eben jetzt tut.


aus: Meditationen, Vierzig Dhamma-Gespräche von Ajahn Ṭhanissaro Bhikkhu, 
Buddhistische Gesellschaft München, 2011