Dienstag, 31. Mai 2016

Bei etwas bleiben heißt: Immer wieder zurückkehren

Ein Freund sagte mir einmal: »Ich bin meiner Frau treu.« Auf meine Frage, was er damit meine, antwortete er: »Ich komme immer wieder zu ihr zurück.«
»Ein Logik-Trick«, dachte ich.
Heute denke ich, daß solche Logik-Tricks nicht das Schlechteste sind.
Den Theologen, Zen-Lehrer und Religionskundler Michael von Brück habe ich einmal gefragt, was er unter Erleuchtung verstehe.Er antwortete, er mache sich drüber keine Gedanken mehr.
Damals dachte ich, er wolle einer Diskussion aus dem Weg gehen.
Heute kann ich seine Haltung gut nachvollziehen…



Wie man richtig fällt

Dezember 2002

Eine häufig gestellte Frage ist diese: „Wie kann man sagen, ob ihr in eurer Meditation Fortschritte macht?“ Und eine der Antworten lautet: „Wenn der Geist seinem Objekt entschlüpft, werdet ihr ihn immer schneller zurückholen.“ Beachtet, die Antwort ist nicht: Der Geist entwischt überhaupt nicht, sondern: Es wird von euch erwartet, dass er entwischt; das ist ein normaler Teil der Praxis, ein normaler Teil des Trainings. Das Entscheidende liegt darin, aufmerksamer für das, was geschieht, zu sein und schneller zu reagieren, wenn euch die Beobachtung des Atems entglitten ist.

Ein wichtiger Teil des Erlernens der Meditation ist es also, zu lernen, wie man fällt. Man sagt, wenn ihr beginnt, Aikido zu lernen, so ist das Erste, was sie euch beibringen, wie man fällt, ohne sich zu verletzen. Damit wird bezweckt, dass ihr immer weniger Angst vor dem Fallen habt, dabei natürlich immer weniger Schaden nehmt und auch die Wahrscheinlichkeit zu fallen immer geringer wird und dabei die Bereitschaft zu Risiken steigt.

Wenn ihr meditiert, besteht der Trick also darin, dass ihr lernt, den Geist mit einem Minimum an Selbstvorwürfen und einem Minimum an Selbstkritik zurückzuholen, mit der bloßen Beobachtung: „lch bin nicht hergekommen, um über das Programm der nächsten Woche, über die Misserfolge der letzten Nacht oder über sonst etwas nachzudenken. Ich bin hier, um mich auf den Atem zu konzentrieren.“ Verlasst die anderen Dinge einfach und kehrt zurück. Lernt, dies zu tun, ohne ein Problem daraus zu machen. 

In unserem modernen Ausbildungssystem werden unsere natürlichen Talente oft früh kanalisiert und wir dabei spezialisiert. Das Ergebnis ist, dass wir nicht lernen, wie man eine Fähigkeit erwirbt. Wenn wir uns also um etwas bemühen, das uns nicht von Natur aus zufällt, so scheint es das Leichteste in der Welt zu sein, wenn wir ausrutschen und hinfallen, sich einfach dem Fall zu überlassen und dann dazuliegen. Das nennt man nicht zu wissen, wie man fällt. Der Trick beim Fallen ist, wahrzunehmen, dass da ein gewisse Eigendynamik ist, aber, dass wir uns ihr nicht völlig hingeben müssen.

Wahrnehmen könnt ihr das, wenn ihr euch vorgenommen habt, für einen gewissen Zeitraum auf etwas zu verzichten. Letzten Sommer war es hier im Kloster populär, auf Schokolade am Abend zu verzichten. Dann aber kam die Versuchung: „Was ist denn schon verkehrt an einem bissehen Schokolade?“ Nun, daran ist nichts wirklich falsch. Also war es leicht, auf die innere Stimme zu hören und den gefassten Vorsatz aufzugeben – und zur Schokolade zu greifen. Das Problem daran war natürlieh, dass der wichtige Teil des Versprechens nicht die Schokolade beinhaltete, sondern die Einübung des Festhaltens an dem Versprechen. Allzu oft glauben wir, dass einmalig gefällte Entscheidungen, ein Gelöbnis zu brechen, nicht mehr ungeschehen gemacht werden können, dass ihr machtlos seid. Es ist aber möglich, die Entscheidung zurückzunehmen – schon im nächsten Augenblick, im übernächsten oder sogar im überübernächsten. Das nennt man richtig fallen lernen. Mit anderen Worten, ihr gebt der Schwungkraft der Versuchung nicht nach. Ihr werdet merken, dass ihr immer die Freiheit gewinnt, eure Meinung zu ändern und zu eurem Vorsatz zurückzukommen.

Wenn ihr bemerkt, dass ihr den Atem entgleiten lasst, gebt euch nicht einfach dieser Dynamik des Entgleitenlassens hin. Fangt euch mit dem Gedanken auf: „Ich kann einfach umkehren!“, Ihr werdet staunen, wie schnell ihr umkehren könnt. Nun, der Geist kommt vielleicht mit anderen Gründen daher: „Oh nein, du kannst jetzt nicht umkehren, du bist doch eine Verpflichtung eingegangen.“ Plötzlich fühlst du dich der Ablenkung verpflichtet – die dir gegenüber keine Verpflichtung hat – du aber hast nicht das Gefühl, deiner Meditation verpflichtet zu sein. Das ist einer der vielen Tricks, die der Geist sich selber vorgaukelt. Das Wichtige dabei ist, zu lernen, wie man diese Tricks durchschaut, ihnen nicht Glauben schenkt und selber ein paar eigene Tricks kennt.

Ein Teil des Geistes sagt, dass es natürlicher ist, immer den leichteren Ausweg zu wählen. In Wirklichkeit ist dies aber eine Angelegenheit, die auf der Frage „Natur oder Erziehung“ beruht. Würdet ihr einen Psychotherapeuten aufsuchen, würde dieser euch erklären, wie eure speziellen Gewohnheiten auf eine spezielle Weise entwickelt wurden. Wie eure Eltern euch aufgezogen haben, spielt ebenso eine Rolle wie spezielle Erfahrungen, die euch als Jugendlichen zuteilwurden. Das bedeutet, dass diese Gewohnheiten nicht notwendigerweise natürlich sein müssen. Sie sind erlernt. Sie sind da, sie sind tief verankert, aber ihr könnt sie wieder verlernen. Ihr könnt den Geist in eine andere Richtung führen, was wir ja tun, wenn wir es in der Meditation üben. Wir erziehen den Geist um.

Und wir lehren ihn nicht nur, wie der Geist bei einem Thema verharren soll, so wie wir beim Atem verharren, sondern wir bringen ihm auch bei, schneller zum Atem zurückzukehren: Wie ihr euch abfangt, wenn der Geist beginnt, den Atem loszulassen und sich an etwas anderes zu heften, um dann einfach wieder umzukehren und wieder am Atem festzumachen. Auf diese Weise bringt ihr euch selber Disziplin bei, allerdings ohne die Strenge, die wir gewöhnlich mit dem Wort „Disziplin“ verbinden. Wir erlernen eine mehr beiläufige Art des Umgangs mir unserem Geist.

Ihr seht, dass hier viel Spreu vom Weizen getrennt wird. Als Ergebnis gibt es viel weniger „Haken im Kopf“, an denen sich die Befleckungcn aufhängen können. Statt euch mit Abstraktionen wie „meine Persönlichkeit“, „mein Charakter“ oder „die Art, wie ich bin“ abzugeben, bleibt einfach auf den gegenwärtigen Augenblick konzentriert. Egal, welchen Entschluss ihr gefasst habt, ihr habt ihn in Willensfreiheit getroffen und wenn ihr bemerkt, dass es ein schlechter Entschluss ist, so habt ihr die absolute Freiheit, einen anderen Entschluss zu wählen. Wenn ihr mir eurem Selbstbildnis brecht, das ja ein weiteres Versteck für alle möglichen Befleckungen ist, so ist das Spielfeld viel klarer und es gibt viel weniger Orte, an denen Befleckungen sich verstecken können.

Eine mir bekannte Frau in Laguna Beach ging einmal zu einem Meditations-Retreat, wo ihr beigebracht wurde, die Meditationspraxis in den Alltag zu übertragen, indem das tägliche Leben als Wechselspiel zwischen dem Absoluten und dem Relativen betrachtet wird. Das sind ziemlich große Abstraktionen, wahrscheinlich die größten, die denkbar sind. Nachdem die Frau eine Woche lang versuchte, in diesen Begriffen zu denken, kam sie am Sonntag zu der anderen, das Sitzen übenden Gruppe.

Sie stellte die sehr komplizierte Frage, wie sie ihr Leben unter diesen Bedingungen in den Griff bekommen könne. Ich rnuss zugehen, die Frage war so kompliziert, dass ich ihr gar nicht folgen konnte, aber das Problem war doch offensichtlich: Je abstrakter die Abstraktion ist, umso schwerer fällt es, den Weg auf dem Pfade klar zu sehen und umso leichter verheddert man sich in Knoten. Wir neigen dazu, Abstraktionen als sauber und korrekt anzusehen, doch geben sie in Wirklichkeit Raum für eine Fülle von Kompliziertheiten. Sie breiten Schleier über das wirkliche Geschehen. Wenn ihr die Abstraktionen wegwischt, dann habt ihr den Geist direkt am Atem. Er kann beim Atem verweilen oder ihn verlassen. So einfach ist das.

Das gleiche Prinzip trifft auf die gesamte Praxis zu. Sobald ihr euch entschlossen habt, die Tugendregeln einzuhalten, entscheidet ihr in jedem Augenblick wieder, ob ihr zu dem Gelöbnis stehen werdet. Sobald ihr euch entschlossen habt, beim Atem zu verweilen, entscheidet ihr in jedem weiteren Augenblick, ob ihr bei dieser Absicht bleibt. Und je mehr ihr euch im Geist an einfache, grundlegende, bodenständige Dinge haltet, umso leichter wird es euch fallen, auf dem Pfad zu bleiben. Es ist wichtig, dabei lebensnah, ohne Umwege, mit Klarheit und ohne Fragen über eure Vergangenheit, ohne Fragen über euer Selbstbildnis vorzugehen. Diese Dinge würden den Prozess unnötig verkomplizieren. Wenn ihr aber doch vom Pfad fallt, ist es viel leichter, euch zurückzuholen, weil es auf dem Grund, auf den ihr fallt, weniger Kornpliziertheiren gibt. Versucht also, nicht nur wenn ihr rneditiert, sondern auch wenn ihr die anderen Aspekte des Pfades übt, die Dinge so einfach, so lebensnah und so gegenwärtig wie möglich zu halten.

Als ich mich bei Ajahn Fuang aufhielt, pflegte er mich zuweilen zu Dingen aufzufordern wie: „Setz dich heute Nacht hin und meditiere die ganze Nacht lang.“ „Oh weh“, antwortete ich, als er das zum ersten Mal sagte: „Ich kann das nicht; ich habe letzte Nacht nicht genug Schlaf bekommen und ich hatte einen langen, ermüdenden Tag.“ Und so weiter. Da sagte er: „Wird es dich umbringen?“ – „Das wohl nicht.“ – „Dann kannst du es doch tun.“

Einfach so. Natürlich war es nicht leicht, aber es war einfach. Und wenn ihr die Dinge einfach haltet, werden sie schließlich tatsächlich leichter. Bleibt bei diesem Entschluss und hinterfragt ihn nicht. Anstatt zu denken „Die ganze Nacht, die ganze Nacht muss ich das durchhalten“, denkt einfach nur „Dieser Atem, dieser Atem, dieser Atem“, Findet Wege, euer Interesse an jedem Atemzug wachzuhalten und ihr werdet es bis zum nächsten Morgen schaffen.

So könnt ihr die Meditation in das tägliche Leben tragen: Haltet die Dinge einfach, macht sie einfach. Sobald die Dinge im Geist vereinfacht sind, haben die Befleckungen nicht mehr viele Orte, um sich zu verstecken. Und wenn ihr wirklich fallt, so fallt ihr an einem Platz, von dem es sich leichter wieder aufstehen lässt. Ihr müsst dem Schwung des Fallens nicht nachgeben und liegenbleiben oder in Treibsand versinken. Fangt euch ab und gewinnt unmittelbar eure Balance wieder!

Meine Mutter hat einmal gesagt, dass das Ereignis, welches sie zum ersten Mal zu meinem Vater hinzog, während einer Mahlzeit in ihrem Haus geschah. Mein Onkel, ihr Bruder, hatte meinen Vater vom College nachhause zu einem Besuch eingeladen. Eines Tages wischte mein Vater versehentlich ein Glas Milch während des Essens vom Tisch. Aber er fing das Glas auf, noch bevor es auf dem Boden aufschlug. Und das war es, warum meine Mutter ihn heiratete. Ich weiß, es klingt irgendwie verrückt – Ich verdanke also meine Existenz den schnellen Reflexen meines Vaters - aber es sagt etwas sehr Interessantes aus. Und es ist die Art von Qualität, die ihr als Meditierender braucht: Wenn ihr euch selber zu Fall bringt, dann könnt ihr euch auch selber gleich wieder aufhelfen. Und wenn ihr das schafft, noch ehe ihr den Boden berührt, so ist das umso besser. Doch selbst wenn ihr flach am Boden liegt, seid ihr kein Glas. Ihr seid nicht zerschellt. Ihr könnt euch wieder selbst erheben.

Versucht, es genauso einfach zu halten.

aus: Ajahn Thanissaro Bhikkhu, Meditationen, Buddhistische Gesellschaft München e. V., 2011


Larry Rosenberg sagt über das Zurückkehren zum Atem Folgendes:


Der Punkt, wo sich gewöhnlich das Konzept von Erfolg und Mißerfolg und damit etwas Zwanghaftes in die Übung einschleicht, liegt in der Aufgabe, beim Atem zu bleiben. Aus dieser Aufforderung machen wir ein Drama von Erfolg und Mißerfolg: Wir sind erfolgreich, wenn wir beim Atem bleiben können, wir versagen, wenn wir nicht dabei bleiben können. In Wahrheit besteht die Meditation in dem gesamten Ablauf: mit dem Atem sein, abschweifen, sehen, daß wir abgeschweift sind, sanft zum Atem zurückkehren. Es ist außerordentlich wichtig, daß wir zurückkommen, ohne uns selbst Vorwürfe zu machen, uns zu verurteilen oder ein Gefühl des Versagens aufkommen zu lassen. Wenn Sie während einer Sitzperiode innerhalb von fünf Minuten tausendmal zum Atem zurückkehren müssen, dann tun Sie es einfach. Das ist kein Problem, es sei denn, Sie machen eines daraus.
Jeder Moment, in dem Sie bemerken, daß Sie anderswo waren, ist schließlich ein Augenblick der Achtsamkeit und damit ein Same, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß in Zukunft wieder derartige Momente eintreten werden. Am besten ist es, diese ganze Mentalität von Erfolg und Mißerfolg hinter uns zu lassen und unser Leben als eine Serie von sich abwechselnden Geisteszuständen zu begreifen. Wenn Sie bereits eine laserartige Aufmerksamkeit hätten, die niemals von ihrem Objekt abweicht, dann bräuchten Sie schließlich gar nicht zu meditieren. Das Ziel der ersten beiden Kontemplationen besteht nicht darin, perfekt zu atmen. Es geht darum, daß Sie betrachten, wie Ihre Atmung in Wirklichkeit ist.
Vor einigen Jahren sah ich an einem Sommermorgen einem Zen-Meister beim Bogenschießen zu, als er für die Gemeinschaft seines Klosters eine Demonstration gab. Nahezu 150 Personen hatten sich auf einem großen offenen Feld versammelt. Er stellte sein Ziel auf und war in die volle japanische Tracht der Zen-Bogenschützen gekleidet, mit Handgelenkschützern und allen möglichen anderen Ausrüstungsgegenständen. Bevor der Pfeil abgeschossen wurde, der, wie wir alle hofften, das Auge des Stieres durchbohren würde, fand eine längere Zeremonie statt mit allerlei Rezitationen und rituellen Handlungen. Dann kam der große Augenblick, und wir alle konnten die Spannung spüren. Der Meister spannte den Bogen mit dem Pfeil. Wir alle hielten den Atem an. Er schien den Pfeil eine Ewigkeit in dieser Position zu halten. Dann macht er eine plötzliche Drehung und schoß den Pfeil in die Luft. Ein Raunen ging durch die Menge. Der Bogenschütze brach in lautes Gelächter aus.
Damit ließ er uns wissen, daß die fixe Idee eines Zieles nicht das ist, worum es geht. Wir im Westen haben einen starken „Um-zu-Geist“. Wir wollen von A nach B und von B nach C gelangen. Am liebsten würden wir von A geradewegs nach Z gehen, unsere Habilitation bereits am ersten Tag erhalten und alle Schritte dazwischen überspringen. Erleuchtung in einer einzigen leichten Übungsstunde. Unser Geist ist ständig mit allen möglichen Berechnungen beschäftigt. Alles dient nur dazu, zu einem Ergebnis zu gelangen.
Aber damit verpassen wir, worum es hier eigentlich geht.
Jeder Moment eines Atemzuges ist zugleich Mittel wie Zweck. Wir betrachten den Atem nicht, um zur Erleuchtung zu gelangen. Wir betrachten nur einfach den Atem, sind mit ihm verbunden, sitzen mit ihm wie ein Löwe. Erleuchtung ist letztlich nichts weiter als ein weiterer Knochen. Sie ist eine Vorstellung, die wir haben.
Wir sind dazu aufgerufen, in der Atmung aufzugehen und alle Knochen hinter uns zu lassen, all die Dinge, mit denen wir uns ständig beschäftigen: Sorgen, Pläne, Ängste, alles, was unser Geist sich ausdenkt. Und wenn wir uns wieder in diesen Dingen verstricken, dann bemerken wir es und kehren sanft zum Atem zurück. Vor allem in unserer modernen Zeit, wo alle Welt derart von Vielfalt und Komplexität beeindruckt ist und so verzweifelt danach sucht, unterhalten zu werden, ist es eine Wohltat, sich in diesem einfachen, sich ständig wiederholenden Vorgang niederlassen zu können. Diese Gelegenheit, die wir haben, wenn wir beim Atem sind und immer wieder zu ihm zurückkehren, ist eine Chance, eine einfache, gewöhnliche Aktivität gut zu machen und ihr mit großer Sorgfalt und großem Respekt zu begegnen.
Den Geist immer wieder an diese Wiederholung heranzuführen kann eine wundervolle Übung in Einfachheit sein, die in unserer heutigen Welt dringend nötig ist. Viele Menschen kommen zur Meditation und erwarten eine komplizierte Übung, die zu außergewöhnlichen Erfahrungen führt. Sie können nicht glauben, daß sie einfach nur dasitzen und den Atem betrachten sollen. Aber wenn wir lernen,  uns einem Objekt hinzugeben, dann werden wir sehen, wie nützlich diese Fähigkeit auch in anderen Bereichen unseres Lebens ist. Wie viele Male putzen wir uns die Zähne, gehen wir auf die Toilette, ziehen wir uns an, machen wir das Bett? Unsere Tage sind gefüllt von derart alltäglichen Handlungen, die sich ständig wiederholen, und gewöhnlich verrichten wir sie auf mechanische Weise. Das bedeutet, daß wir einen Großteil unseres Lebens verpassen. Diese Übung lehrt uns, inmitten unserer routinemäßigen Aktivitäten frisch und gegenwärtig zu bleiben und damit unser Leben wirklich zu leben.
Die Übung unter Ajahn Maha Boowa in Thailand stellte für mich eine dramatische Übung in dieser Geisteshaltung dar. Jeder Meditierende bekam eine kleine Hütte, Kuti genannt, im Wald zugewiesen. Die Hütten waren untereinander durch Wege verbunden, auf die den ganzen Tag lang Blätter fielen. Zweimal täglich nahmen wir einen Besen und fegten unseren Weg. Selbst während wir das taten, konnten wir zusehen, wie wieder neue Blätter auf den Weg fielen, den wir gerade gefegt hatten, was uns Gelegenheit gab, Freude an dieser Tätigkeit als solcher zu entwickeln, selbst während wir zusehen konnten, wie das Ergebnis gleich wieder zunichte gemacht wurde. Wenn man es sich recht überlegt, verhält sich vieles in unserem Leben genauso.
Ich habe schon unzählige Male Meditationsanweisungen gegeben. Gewöhnlich gelingt es mir, in dieser Situation frisch zu bleiben, aber manchmal höre ich mich die Anleitungen mit einer metallischen Stimme herunterleiern. Das ist dann ein Zeichen für mich, daß ich aufwachen muß. Ich komme auf die gleiche Weise zurück, wie ich zum Atem zurückkehre. Wenn ich aufmerksam bin, erhalten die gleichen alten Anweisungen neues Leben.
Die ständige Wiederholung des Rückkehrens zum Atem hat also einen wirklichen Wert. Unser Wunsch, immer gleich das Ziel zu erreichen, alles immer richtig zu machen, ist ein Hindernis. Wir beginnen uns selbst anzuklagen: „Ich verstehe einfach nicht, wie man das macht. Ich bin ein schlechter Meditierender, alle anderen sind konzentrierter als ich. Wenn mein Geist bloß aufhören würde, ständig abzuschweifen, dann könnte ich meditieren.“ Aber zu sehen, daß der Geist abschweift, ist die Praxis. Wenn Sie die Übung fortsetzen, dann müssen Sie vielleicht millionenmal zurückkehren. Daher ist es äußerst wichtig, auf leichte und liebevolle Weise zurückzukommen. Machen Sie daraus einen Tanz und keinen Ringkampf!·
Ein anderer Aspekt der Übung – der im Grunde über die Kontemplation, mit der wir uns gerade beschäftigen, hinaus- führt, der sich aber trotzdem einstellen wird, selbst wenn wir nur den Atem betrachten -, besteht darin, daß wir beginnen, die Natur der „Knochen“ zu erkennen, denen wir ständig hinterherlaufen. Haben wir erst einmal etwas Sammlung entwickelt, dann besteht die wesentliche Aufgabe der Übung darin, diese Knochen zu betrachten. Gewisse Dinge erscheinen immer wieder. „Er hat gesagt … , dann hat sie gesagt … , dann habe ich gesagt „Oder: „Wenn das klappt, dann werde ich vielleicht , aber andererseits könnte ich …“
Schon allein die Tatsache, daß diese Dinge immer wieder erscheinen, macht eigentlich deutlich, daß ständiges Denken diese Fragen und Probleme nicht löst. Gewöhnlich geht es dabei auch nicht um die wichtigsten Dinge im Leben. Wenn Sie dies sehen, werden Sie die Gedanken vielleicht nicht mehr so intensiv verfolgen wie zuvor. Sie werden erkennen, wie nutzlos das alles ist.

Im Jiddischen gibt es das Wort yenta, das dieses Phänomen beschreibt. Yenta ist der Klatsch in der Nachbarschaft, wobei jeder über jeden Bescheid weiß, alle immer im Bilde darüber sind, was los ist, jeder überall herumschnüffelt und versucht, irgendwelche Dinge aufzudecken. Sie werden bemerken, daß der Geist ein einziges großes Yenta ist, daß er ständig über andere redet, sich selbst beschimpft, beklagt, daß alles schon einmal besser war, und weiß, wie es sich verbessern könnte. Das Leben allerdings bleibt einfach, wie es ist. Wir beginnen zu erkennen, daß all unsere Ideen darüber, wie das Leben sein sollte, viel zu viele unserer wertvollen Momente des Atmens einnehmen. Wir müssen anfangen, unser Leben zu sehen – und zu akzeptieren –, wie es ist.


Larry Rosenberg, Mit jedem Atemzug, Arbor Verlag, Freiamt,  S. 64ff.

Zen-Meister Muho Noelke über Gedanken bei der Meditation und die Erleuchtung [3:35]
Veröffentlicht am 19.10.2014
Zen-Meister Muho Noelke im Interview mit Gert Scobel

Die unprätentiöse Art Muhos ist richtig wohltuend! Ein anderes Video mit Scobel und Muho findet sich hier:
- Zen-Klöster in Deutschland, Deutsche im Zen-Kloster (Post, 31.05.2014, fünftes Video)
Folgender Post zeigt, daß es auch anders geht (»See the Show!«):
- Slavoj Zizek, Hinnerk Polenski, Westlicher Buddhismus und gendergerechtes Chi-Spezialtraining (Post, 22.05.2016)
aktualisiert am 02.06.2016

Sonntag, 29. Mai 2016

Placebo-Effekt: Double-Blind vs. Double-Blind

I am currently reading Daniel - Moerman’s “Meaning, medicine and the ‘placebo effect'. As well as containing many interesting asides, the book discusses what is at the heart of the so-called placebo effect: patients’ response to the meaning of their treatment. Moerman calls this the ‘meaning response’. This response to meaning explains why two inert pills produce more cures than one inert pill, and why inert injections are even more effective (because “everybody knows” that injections are more powerful than pills). But importantly, it is possible to show that doctors are as important in producing the meaning response as patients. Gracely et al (1985) looked at the effect of placebo on pain in patients having their wisdom teeth extracted. The study was set up as a standard double-blind (neither the doctor nor the patient knows if the patient is getting a real medicine or an inert placebo), with the possibilities being a placebo, fentanyl (which usually reduces pain) and naloxone (which usually blocks reduction in pain, so could be expected to increase the pain of the procedure). The twist was that for the first half of the experiment the doctors, but not the patients, were told that a supply problem meant that no patient would be getting the pain-relieving fentanyl. In the second half the doctors were told that the problem had been resolved, so that now the patients might receive fentanyl. By comparing levels of patient pain in the placebo condition is possible to gauge the effect of doctor expectations on the meaning response of the patients. In this condition patients are all receiving inert substances, and they all ‘know’ the same thing: they might receive a placebo, pain-relief or ‘pain-enhancement’. The doctors don’t tell them about the supply problem and, for that matter, they don’t know themselves for definite what the patient is given. The only difference is that for the patients in the first half, the doctors think they know that pain-relief is not a possibility, whereas in the second half it is.
mehr:
- The meaning response (Tom Stafford, MindHacks, 05.06.2008)

siehe auch:

Moerman,  Meaning, medicine and the ‘placebo effect' (Leseprobe, U.S. Government system, PDF)
- Specifying the non-specific factors underlying opioid analgesia: Expectancy, attention, and affect (Atlas et al., National Institutes of Health, final edited form: Psychopharmacology (Berl)., März 2014)

Mittwoch, 25. Mai 2016

Warum zum Teufel dürfen wir keine Angst und Zweifel haben?


Klar erleben wir lieber Glück, Freude, Liebe und Leichtigkeit. Aber deshalb Ängste und Zweifel zu ungewünschten Gefühlen zweiter Klasse abstempeln und vor ihnen weglaufen? Nein! Wenn wir unsere Ängste aushalten, macht uns das stärker.

Karrierekiller Angst?

Später an diesem Abend im April kam eine Frau auf mich zu, nahm mich spontan in die Arme und sagte mit Tränen in den Augen: „Sie glauben gar nicht, wie sehr es mich erleichtert, von Ihnen zu hören, dass Ängste sein dürfen! Danke!“

Bei solch einem Feedback wird mir besonders warm ums Herz. Denn, um ehrlich zu sein: Mit diesem Thema bin ich schon ziemlich missionarisch unterwegs. So auch an diesem Abend in Wien – circa 100 Menschen, Geschäftsführer, Führungskräfte und Personaler waren mein Publikum – Titel meines Vortrags: „Karrierekiller Angst?“.

Seit ich mein Buch „Angstfrei arbeiten. Selbstbewusst und souverän im Job“ geschrieben habe, ist mir dieses Thema enorm wichtig. Vermutlich jedoch aus anderen Gründen, als ihr jetzt glauben werdet. Es geht mir nämlich nicht in erster Linie darum, Menschen möglichst schnell von allen Ängsten und Zweifeln zu befreien. Klar lebt es sich besser ohne Ängste. Das kann aber nicht bedeuten, dass wir unsere Ängste so behandeln sollen, wie es ein Kollege von mir in einem Vortrag einmal vorschlug:
„Behandle Deine Ängste so, als ob sie lästige, unsinnige, überflüssige und nervtötende 

Phobien sind.“ 
Find ich gruselig, ganz ehrlich. 
Weil Ängste Emotionen sind, die wir ernst nehmen und in gewisse Weise sogar wertschätzen sollten, so paradox es klingen mag! Klar erleben wir lieber Glück, Freude, Liebe und Leichtigkeit. Aber deshalb Ängste und Zweifel zu ungewünschten Gefühlen zweiter Klasse abstempeln und weglaufen, wegschauen und verleugnen? Nein! Das haben sie nicht verdient, die Ängste.

Ich mag viel lieber den Indianerspruch:

„Der Weg ist dort, wo die Angst ist.“

Halten wir die Angst aus!

Hören wir hin, was sie uns zu sagen hat. „Da bist du also. Wozu bist du hier? Wovor willst du mich beschützen, wovor möchtest du mich warnen – was kannst du tun für mich?“ Nehmen wir sie ernst.

Wenn wir nämlich wie die Kinder die Ohren zuhalten, die Augen zukneifen und laut pfeifend singen „Ich hab gar keine Angst, sie ist gar nicht da, lalala!“, dann muss sie lauter werden. Muss mehr stören, sich bemerkbarer machen. Bis wir endlich hinhören. Und dann kommt sie zur Ruhe, teilt sich uns mit. Und dann werden auch wir ruhiger und es dürfen Mut und Vertrauen kommen.
mehr:
- Warum zum Teufel dürfen wir keine Angst und Zweifel haben? (Bettina Stackelberg, editionf.com, 25.05.2016)
siehe auch:
- xxx (Post, )
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Freitag, 20. Mai 2016

Depressionen bei Männern: Wilhelm Busch und die Hirnchemie in Ungleichgewicht

Busch war ein ernster und verschlossener Mensch, der viele Jahre seines Lebens zurückgezogen in der Provinz lebte. Seinen Bildergeschichten, die er als „Schosen“ (französisch chose = Sache, Ding, quelque chose = etwas, irgendwas) bezeichnete, maß er wenig Wert bei. Sie waren am Beginn für ihn nur ein Broterwerb, mit dem er nach einem nicht beendeten Kunststudium und jahrelanger finanzieller Abhängigkeit von den Eltern seine drückende wirtschaftliche Situation aufbessern konnte. Sein Versuch, sich als ernsthafter Maler zu etablieren, scheiterte an seinen eigenen Maßstäben. Die meisten seiner Bilder hat Wilhelm Busch vernichtet, [Wilhelm Busch, Wikipedia]
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Wilhelm Busch wurde am 15. April 1832 als erstes von sieben Kindern aus der Ehe zwischen Henriette Kleine und Friedrich Wilhelm Busch geboren. Sechs weitere Geschwister folgten in kurzem Abstand. Fanny (1834), Gustav (1836), Adolf (1838), Otto (1841), Anna (1843) und Hermann (1845) überlebten alle ihre Kinderzeit. Die Eltern waren strebsame, fleißige und fromme Protestanten, die es im Laufe ihres Lebens zu einigem Wohlstand brachten.[6] Sie konnten es sich später erlauben, neben Wilhelm zwei weitere ihrer Söhne studieren zu lassen. Die Bereitschaft Friedrich Wilhelm Buschs, in so hohem Maße in die Ausbildung seiner Söhne zu investieren, führt der Busch-Biograf Berndt W. Wessling zumindest zu einem Teil auf dessen eigene uneheliche Abstammung zurück, die insbesondere im dörflichen Raum ein erheblicher gesellschaftlicher Makel war.[7]
Der junge Wilhelm Busch war zwar groß gewachsen, jedoch von eher zartem und feingliedrigem Körperbau. Jungenhaft derbe Streiche, wie er sie später seinen Protagonisten Max und Moritz andichtete, blieben in seiner Wiedensahler Kindheit selten. Er selbst hat sich später in seinen autobiographischen Skizzen und Briefen als ein empfindsames, ängstliches Kind geschildert, das die „Bangigkeit gründlich studiert“[8] habe und fasziniert, mitleidig und verstört reagierte, wenn im Herbst die Haustiere geschlachtet wurden.[9] Das kindliche Miterleben der „schauderhaft anziehenden“[10] „Metamorphose in Wurst“[11] prägte Wilhelm Busch so nachhaltig, dass er sich während seines gesamten Lebens vor Schweinefleisch ekelte.[12]
Im Herbst 1841, nach der Geburt des Bruders Otto, wurde der nunmehr neunjährige Wilhelm Busch seinem Onkel mütterlicherseits, dem 35-jährigen Pfarrer Georg Kleine in Ebergötzen, zur Erziehung anvertraut. Ein Grund dafür war wohl neben der räumlichen Enge im kinderreichen Elternhaus auch der Wunsch des Vaters, seinem Sohn eine bessere Erziehung zu verschaffen, als sie die Wiedensahler Dorfschule zu bieten vermochte, wo bis zu 100 Kinder gleichzeitig auf 66 Quadratmeter unterrichtet wurden.[13] Die nächste von Wiedensahl aus erreichbare weiterführende Schule lag im ca. 20 Kilometer entfernten Bückeburg. Die Buschs hätten ihren Sohn dort als Kostgänger bei einer fremden Familie unterbringen müssen. Pfarrer Kleine dagegen, der gerade selbst erst Vater geworden war, verfügte in Ebergötzen über ein geräumiges Pfarrhaus und war prädestiniert, gemeinsam mit seiner Frau Fanny Petri eine Ersatzelternrolle wahrzunehmen.[14] Tatsächlich erwies sich Georg Kleine als ein verantwortungsbewusster und fürsorglicher Onkel, bei dem Wilhelm Busch in den Jahren seiner Erfolglosigkeit immer wieder Zuflucht fand.[15] [Wilhelm Busch, Kindheit, Wikipedia]


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Wilhelm Busch ZDF 09.01.08 [2:46]


Hochgeladen am 09.01.2008
Beitrag im ZDF am 09.01.2008

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150 Jahre Comics aus Deutschland - Karikatur und Zeichenkunst in Hannover [3:34]
Veröffentlicht am 16.02.2014
"Streich auf Streich - 150 Jahre Max und Moritz"
"Deutschsprachige Comics von Wilhelm Busch bis heute"
http://www.karikatur-museum.de/Streic...

"Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Präsentation von Bildergeschichten- und Comic-Originalen mit ihren Vorzeichnungen und Skizzen, die die Entstehung der Werke nachvollziehbar machen. Bei der Auswahl der ausgestellten Comics werden alle Medien, deren sich die Künstler bedienen, berücksichtigt: So sind Heft-Serien zu sehen wie Sigurd, Silberpfeil, Mosaik und Fix und Foxi sowie Alben bzw. Bücher wie Werner von Brösel, Das kleine Arschloch von Walter Moers oder Der bewegte Mann von Ralf König. Ebenso werden in Deutschland populäre, in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckte Comicreihen wie Vater und Sohn, Nick Knatterton, Mecki oder auch Strizz thematisiert. Auch aktuelle Phänomene wie künstlerisch ambitionierte Graphic Novels, beispielsweise von Isabel Kreitz, Reinhard Kleist und Ulli Lust, populäre »Germanga« nach japanischem Vorbild und Internet-Blog-Comics werden präsentiert."

Programm zur Ausstellung (PDF-Format)
http://www.karikatur-museum.de/_user/...

http://www.karikatur-museum.de/



Die typisch depressiven Symptome wie gedrückte Stimmung, Verminderung von Antrieb und Aktivität, reduzierte Fähigkeit zu Freude, beeinträchtigte kognitive Funktionen und Vitalparameter etc. finden sich bei männlichen Patienten nicht immer in der gewohnten Art. Sie neigen weniger zum emotionalen Rückzug und zum typisch depressiven „Losigkeitssyndrom“. Wohl sind auch bei depressiven Männern Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen stark beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Gedanken über die eigene Wertlosigkeit und Schuldgefühle vor. Auch verwenden Männer wie Frauen Suchtmittel, vor allem Alkohol, als falsch verstandene Eigenmedikation (sogenannter sekundärer Alkoholismus) zum Lösen von Spannung, Ohnmacht, Wut, die von einer unbehandelten depressiven Störung stammen können. Wilhelm Busch beschreibt in der „Frommen Helene“ diesen Modus: „Wer Sorgen hat, hat auch Likör“. Allerdings wird dadurch das Gegenteil bewirkt: Es kommt zur Akzentuierung und Dekuvrierung vordem ausreichend kontrollierter Persönlichkeitsanteile und -impulse.

Die meisten Menschen – und Männer noch mehr als Frauen – fürchten sich am meisten vor dem Verlust der rationalen Kontrolle. Das ist vermutliche Ursache der tiefsitzenden Angst vor Geisteskranken. Auch bei Depressionen ist die Stimme der Vernunft leise. Sie setzt sich gegen einen erstarrten Affekt, eine agitierte Antriebssteigerung, eine mühsam gebremste oder durchbrechende Wut einfach nicht durch.
mehr:
- Die männliche Depression (Sigrun Roßmanith, Homepage, 01.10.2015)

Sigrun Roßmanith: Depressionen bei Männern [2:42]

Veröffentlicht am 19.09.2015
Warum Männer später zum Psychiater kommen als Frauen.

Mehr dazu und zu meiner Ordination unter
http://www.sigrunrossmanith.at/

2 Wege aus der Depression (Coach & Mentaltrainer Dr. Marc Stollreiter) [7:58]

Veröffentlicht am 22.11.2013

mein Kommentar:
»zusammengefaßt: Wenn Sie sich vorstellen können, daß Sie sich wie Münchhausen am Schopf selbst aus dem Sumpf ziehen zu können, dann können Sie das auch tatsächlich.«
Ein Hoch auf Mentaltrainer! (Wenn das Wörtchen »wenn« nicht wär’…)

Siehe auch:
- Was ist nur mit mir los? – Ein Lesebuch für depressive Patienten und ihre Angehörigen (Lilly-Pharma, PDF)
»Depressionen sind kein Grund, sich zu schämen, und sie sind keineswegs Zeichen einer labilen Psyche. Viele erfolgreiche, selbstbewusste Menschen sind betroffen, und auch die Geschichte kennt viele, wie zum Beispiel: Wilhelm Busch, Winston Churchill, Jean-Paul Sartre […] Die Behandlung der Depression mit Tabletten stellt eine – in vielen Fällen – wirksame Methode zur Therapie dieser Erkrankung dar. Dies lässt sich damit erklären, dass die Depression – wie oben beschrieben – auf eine Stoffwechselstörung im Gehirn zurückzuführen ist. «
Mein Kommentar:
Man reiche mir meine Uzi! Woher nehmen diese Leute die unglaubliche Arroganz zu behaupten, daß das biochemisch Meßbare das Psychische verursacht? Die Forschungsergebnisse, von denen Goleman [Emotionale Intelligenz] berichtet, beweisen das Gegenteil! (bzw. zumindest eine Wechselwirkung)


Das posttraumatische Stress-Syndrom setzt den neuralen Sollwert für Alarm in gefährlicher Weise herab, so daß der Betroffene auf normale Lebensvorgänge in einer Weise reagiert, als wären es Notfälle. Daran, daß ein so übermächtiges Brandmal in der Erinnerung zurückbleibt, scheint die im zweiten Kapitel besprochene »Entgleisungs«-schaltung beteiligt zu sein. Je brutaler, schockierender und grauenvoller die Ereignisse, welche die Entgleisung des Mandelkerns auslösen, desto unauslöschlicher ist die Erinnerung. Die neurale Grundlage dieser Erinnerungen besteht anscheinend in einer umfassenden Veränderung in der Chemie des Gehirns, in Gang gesetzt durch einen einzigen Fall von überwältigendem Grauen. Zwar beruhen die PTSD-Befunde in der Regel auf der Wirkung eines einzigen Erlebnisses, doch können ähnliche Folgen auf Grausamkeiten zurückgehen, die über eine Spanne von mehreren Jahren erlitten wurden, wie im Falle von Kindern, die sexuell, physisch oder emotional mißhandelt werden. […]
»Wer Opfer eines verheerenden Traumas geworden ist, ist biologisch nicht mehr derselbe wie vorher«, erklärte mir Dr. Dennis Charney. Charney, ein Yale-Psychiater, ist Direktor der klinischen Neurowissenschaft am National Center. [aus: aus Goleman, Emotionale Intelligenz, dtv, 1997, S. 256ff.]

 


zu PRSD siehe:
- Das posttraumatische Stress-Syndrom (Post, 25.02.2015)
- Epigenetik: Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Gene (Post, 28.02.2015)
- PTSD in der Bundeswehr (Post, 30.12.2015)
- Stigma – das »Sahnehäubchen« auf dem Trauma (Post, 15.12.2015)
siehe auch:
Peter Gøtzsche: Vortrag zu Übermedikalisierung und Überdosierung (Winston Smith, Meinungsverbrechen, 06.12.2015)
Simplistic notion of antidepressants correcting chemical imbalance in the brain is publically untenable (Duncan Double, Critical Psychiatry, 28.11.2015)
Werbung für SSRI-Antidepressiva irreführend, sagen Wissenschaftler (Thomas Gotterbarm, gefunden auf MutzumAnderssein, der Psychiatriekritischen Gemeinschaftshomepage, 12.11.2005, PDF)

siehe auch:
- Psychisch krank und weltbekannt (Kurier. at, 15.10.2012)
- Weitere bekannte Persönlichkeiten der Weltgeschichte, die unter psychischen Belastungen und psychischen Krankheiten litten (Berühmte Persönblichkeiten über ihre Angst, Depressionen und Burn-out, Janett Menzel, IchhabeauchAngst, 01.12.2015)
- Genie und seelische Störung (Volker Faust, PsychosozialeGesundheit)
- Berühmte psychisch kranke Persönlichkeiten (Bodo Bodenstein, Pahashi)
- Depressionen: Psychischer Stress verkürzt das Leben (SPON, 01.08.2012)
- Neuer Ansatzpunkt für Therapien gegen Depressionen (Stephanie Heyl, GesundheitsindustrieBW, 13.01.2016)
Wenn Freudlosigkeit, innere Leere, Antriebslosigkeit und sogar Suizidgedanken sich beständig breit machen und die einfachsten Dinge wie Körperpflege fast unmöglich sind, kann das ein Zeichen für eine Depression sein. Oft wird „depressiv“ gleichbedeutend mit verstimmt verwendet. Die Depression dauert jedoch meist viel länger als zwei Wochen und entzieht sich völlig der Beeinflussung durch Willenskraft oder Zuspruch. Sie ist eine lebensbedrohliche Krankheit, die behandelt werden muss und auch gut behandelt werden kann. Eine depressive  Episode kann häufiger als einmal auftreten. „Etwa die Hälfte der Depressionsfälle sind einmalig, man hat eine Depression im Leben und dann nie wieder“, sagt Prof. Dr. Dietrich van Calker von der Sektion Psychopharmakotherapie an der Psychiatrie der Universitätsklinik Freiburg, „leider ist die andere Hälfte aber rezidivierend. Das heißt, wer einmal eine Depression hatte, hat ein erhöhtes Risiko für eine weitere.“

mein Kommentar:
Junge, Junge, wer rezidivierende Depressionen hat, hat nicht ein erhöhtes Risiko (das sowieso), der hat eine Persönlichkeitsstörung!
Die Pharmaindustrie zaubert ein Hoffnungs-Karnickel nach dem anderen aus dem Hut und verdient sehr gut daran! Und immer das gleiche Erklärungsmodell: chemisches Ungleichgewicht. »Calker analysiert die molekularen Ursachen von Depressionen…« Für diesen Satz braucht man eigentlich einen Waffenschein!

- Prominente Bipolare (BipolarKreis, 25.04.2012)