Dienstag, 3. April 2018

Stress ist ansteckend – auch auf zellulärer Ebene

Die Traumen anderer können bei uns zu schwerwiegenden Symptomen führen

Dass man sich Emotionen und Stress bei seinen Mitmenschen "aufschnappen" kann, ist keine Imagination, sondern biochemisch messbar. Eine vor Kurzem in der Nature publizierte Studie zeigt, dass solch "übertragener" Stress in der Tat in gleichem Maße Spuren im Gehirn hinterlässt wie "echter" Stress.

Stress aktiviert neuronale Netzwerke, die das Individuum dazu befähigen sollen, auf Bedrohungen reagieren und überleben zu können. Selbst eine kurze Exposition mit einem Stressor löst langfristige Veränderungen an Synapsen aus. Für Menschen, Primaten und Nagetiere ist belegt, dass stressinduzierte Verhaltensweisen und hormonelle Veränderungen sich auf andere übertragen können. Auch dies macht evolutiv Sinn – den Gemütszustand unseres Gegenüber erfassen zu können, ist wichtig für den Aufbau sozialer Bindungen.

Soziale Übertragung synaptischer Veränderungen nach Stress


Bislang war nicht bekannt, ob übertragener Stress sich gleichartig auf Synapsen auswirkt wie selbst erlebter. Eine kürzlich in der Nature veröffentlichte Studie[1] beantwortet dies mit einem klaren "Ja".

Ein Forschungsteam aus Calgary studierte die zerebralen Auswirkungen von Stress an Pärchen von weiblichen und männlichen Mäusen, indem sie eine Maus von ihrem Partner trennten und moderatem Stress aussetzten. Nach Rückkehr zum Partner untersuchten sie bei beiden Mäusen die Reaktion einer spezifischen Population von Neuronen im Zwischenhirn, genauer den CRH-Neuronen des Nucleus paraventricularis (PVN). Diese steuern die zerebrale Reaktion auf Stress.


Das bemerkenswerte Ergebnis war, dass die CRH-Neurone der Partner, die selbst keinem Stress ausgesetzt waren, identische Veränderungen zu denen der tatsächlich gestressten Mäuse zeigten.[2]

mehr:
- Stress ist ansteckend – auch auf zellulärer Ebene (Esanum.de, 25.03.2018)

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Der Nucleus paraventricularis ist ein Kerngebiet im Hypothalamus, also im Zwischenhirn. Sein Name leitet sich von seiner Lage neben dem dritten Ventrikel ab.
Die großen Nervenzellen dieses Kerngebiets produzieren das Hormon Oxytocin und in geringeren Mengen Antidiuretisches Hormon. Darüber hinaus enthält dieses Kerngebiet auch kleine Kerne, die das Releasing-Hormon CRH sezernieren, dieses wird allerdings an der Eminentia mediana in den primären hypophysären Pfortaderkreislauf (Primärplexus) abgegeben.
Die Zellfortsätze (Axone) des Nucleus paraventricularis bilden zusammen mit denen des Nucleus supraopticus den Tractus hypothalamohypophysialis. Über diese Nervenbahn werden das Oxytocin und ADH in die Neurohypophyse transportiert, wo es zwischengespeichert und bei Bedarf an das Blut abgegeben wird.

[Nucleus paraventricularis, Wikipedia, abgerufen am 03.04.2018]
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Nucleus paraventricularis (Abb. gefunden bei Kenhub.com)

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