Montag, 11. September 2017

Jim van Os: "Es gibt keine Schizophrenie"

Der bekannte Psychiater und Professor für Psychiatrische Epidemiologie über Sinngebung und neue Ideen für die psychische Gesundheitsfürsorge

Jim van Os ist seit Juni 2017 Professor für Psychiatrische Epidemiologie an den Universitätskliniken Utrecht. Dort ist er außerdem Vorsitzender der Abteilungsleitung für unter anderem Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie, wo rund 1200 Angestellte arbeiten. Vorher war er Professor und Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychologie an den Universitätskliniken Maastricht. Van Os ist außerdem Mitglied der Königlichen Niederländischen Akademie der Wissenschaften und Fellow am King's College in London. Thomson Reuters bezeichnet ihn seit 2014 als einen der einflussreichsten wissenschaftlichen Denker der Welt.

Seine Ausbildung zum Psychiater absolvierte Van Os in England, Frankreich, Indonesien und Marokko. Er veröffentlichte seine erneuernden Ideen über Schizophrenie und die psychische Gesundheitsfürsorge in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften wie Lancet und Nature. Seine Forschung wurde in den letzten Jahren durch die Niederländische Forschungsorganisation mit €5 Millionen unterstützt, durch den Europäischen Forschungsrat mit €12 Millionen. Jim van Os gehört zu den Gründern des Netzwerks PsychoseNet.nl für Patientinnen und Patienten, das in Bälde auch auf Deutsch angeboten wird.

mehr:
- "Es gibt keine Schizophrenie" (Interview mit Jim van Os, Stephan Schleim, Telepolis, 11.09.2017)
Zitat:
Wissenschaftlich gesehen ist jeder mehr oder weniger psychoseanfällig. Genetische und epidemiologische Forschung hat hunderte, ja tausende Risikogene identifiziert. Sie und ich haben auch viele solcher Gene. Je mehr jemand davon hat, desto größer das Risiko für die Störung. Ausschlaggebend sind aber oft traumatische Erfahrungen oder Rückschläge im Leben.
Wir berücksichtigten vierzig Jahre Erfahrungsliteratur von Patientinnen und Patienten. Darin können wir sehen, was ihnen am meisten geholfen hat. Diese Literatur zeigt uns, dass es um einen persönlichen Genesungsprozess geht: Jemand muss neue Ziele finden, sich selbst neu erfinden, eine neue Geschichte von sich selbst schreiben. Die eigene Kraft ist dafür von zentraler Bedeutung, wie kann er oder sie das Leben trotz der vielleicht bleibenden Anfälligkeit und Einschränkungen als sinnvoll erfahren? Das nennen wir "Sinngebung".
Patientinnen und Patienten geben an, dass hierfür Verbundenheit, Hoffnung, Optimismus, die Identität als Person - und nicht als Diagnosekategorie -, Kontrolle über das eigene Leben, Empowerment und Sinnhaftigkeit die notwendigen Zutaten sind.
Komischerweise wird so etwas zurzeit vor allem denjenigen angeboten, die sterbenskrank sind, nämlich durch die Seelsorge in Krankenhäusern. Wir wollen dies auch in der Psychiatrie möglich machen.
Dieser Ansatz ist etwas völlig anderes, als bei jemandem eine chronische Hirnerkrankung zu diagnostizieren und dabei die Botschaft zu vermitteln, dass es nie wieder besser wird. Manchmal bekommt jemand schon so ein Etikett aufgedrückt, bloß weil er oder sie Stimmen hört. Schizophrenie ist aber eine vernichtende Diagnose, die zu einem "ausgebrannten Schizophrenen" führen kann, einem Patienten, der keine Hoffnung mehr hat und sich selbst aufgibt.
Das Problem ist, dass die Sinngebung vor langer Zeit aus der Psychiatrie verdrängt wurde. In Deutschland geschah das schon um 1900: Wer sagte, dass er die Gehirne psychiatrischer Patienten untersuchten wollte, bekam Aufmerksamkeit, Prestige und viel Geld. Psychiaterinnen und Psychiater wollen ernst genommen werden, auch durch die anderen medizinischen Wissenschaften.
Wenn das Gehirn erkrankt ist, dann klingt das enorm wichtig. Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen der Psychiatrie und der Neurologie. Bei einer neurologischen Störung, etwa der Lähmung eines Körperteils, lassen sich die Symptome kausal aus dem Nervensystem herleiten. In der Psychiatrie funktioniert das hingegen nicht.
Das Wichtigste ist aber die persönliche Widerstandsfähigkeit: Lernen Sie Ihr Problem kennen, verdrängen Sie es nicht, umarmen Sie es, akzeptieren Sie es, fragen Sie sich, was Sie damit anfangen. Wenn das Problem etwa aus einem Trauma entstanden ist, so wie bei rund einem Drittel aller Patientinnen und Patienten, dann können Sie daran mit einer Psychotherapie arbeiten. Passen Sie auf, dass Sie in keine Depression verfallen, dass Sie Ihr persönliches und soziales Netzwerk nicht verlieren.
Die angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften belohnen biologische Forschung. Diese Zeitschriften haben Einfluss und Einfluss bringt Geld. Einfluss kriegt man vor allem durch harte Biologie.
Auch die Industrie will biologische Behandlungen, mit denen sie viel Geld verdienen kann. Inzwischen erscheint das in der Psychiatrie aber nicht mehr möglich. Deshalb zieht sich die Industrie daraus zurück und investiert lieber in andere Gebiete, so wie die Onkologie. Das ist ein großes Problem für die biologische Psychiatrie.
Es gibt keinen Mangel an Geld, doch die vorhandenen Mittel werden vor allem in kurze Therapien investiert. Mehr passt nicht in das bestehende Marktdenken und zur Idee, dass alles messbar sein muss. Komplexe Modelle fallen damit außer Betracht.
Ein großer Teil der Wissenschaft und der klinischen Welt geht an den Bedürfnissen der Patientinnen, Patienten und ihrer Familien vorbei.

Connecting to Madness | Jim van Os | TEDxMaastricht {14:35}

Veröffentlicht am 10.02.2017
TEDx Talks  
This talk was given at a local TEDx event, produced independently of the TED Conferences. Jim van Os explains that madness has been misrepresented as a 'devastating genetic brain disease', referred to as 'schizophrenia', that is said to leave the person 'completely disabled'. In fact, modern science has discovered that subtle states of madness - psychosis - are quite common in the general population, and linked to social and emotional factors. Madness, therefore, is about human variation. We can all connect to it, using novel mobile apps that track thoughts and experience in daily life.
Jim van Os is Professor of Psychiatric Epidemiology and Chairman of the Department of Psychiatry and Psychology at Maastricht University Medical Centre, Maastricht, The Netherlands, and Visiting Professor of Psychiatric Epidemiology at the Institute of Psychiatry, London, UK.
He trained in Psychiatry in Casablanca (Morocco), Bordeaux (France) and finally at the Institute of Psychiatry and the Maudsley/Bethlem Royal Hospital in London (UK) and after his clinical training was awarded a three-year UK Medical Research Council Training Fellowship in Clinical Epidemiology at the London School of Hygiene and Tropical Medicine. In 1995, he moved to Maastricht University Medical Centre. He is on the editorial board of several European and US psychiatric journals such as Acta Psychiatrica Scandinavica, European Psychiatry, Psychological Medicine, Schizophrenia Research, Schizophrenia Bulletin, Early Intervention in Psychiatry, Epidemiology and Psychiatric Sciences, Psychosis Journal, The Journal of Mental Health and the Journal of Psychiatry and Neurological Sciences. He is also an Academic Editor at PLoS ONE.
Website: http://tedxmaastricht.nl
Flickr: https://www.flickr.com/photos/tedxmaa...
Facebook:https://www.facebook.com/TEDxMaastricht
Twitter: https://twitter.com/TEDxMaastricht
About TEDx, x = independently organized event In the spirit of ideas worth spreading, TEDx is a program of local, self-organized events that bring people together to share a TED-like experience. At a TEDx event, TEDTalks video and live speakers combine to spark deep discussion and connection in a small group. These local, self-organized events are branded TEDx, where x = independently organized TED event. The TED Conference provides general guidance for the TEDx program, but individual TEDx events are self-organized.* (*Subject to certain rules and regulations)

I Am Not A Monster: Schizophrenia | Cecilia McGough | TEDxPSU {14:40}

Veröffentlicht am 27.03.2017
TEDx Talks  
Cecilia McGough puts a face to schizophrenia and helps empower college students through the upcoming non-profit Students With Schizophrenia.
Students With Schizophrenia: http://sites.psu.edu/studentswithschi...
I Am Not A Monster: SCHIZOPHRENIA: http://sites.psu.edu/ceciliamcgough/
Cecilia McGough is an astronomer, activist, and writer as a Penn State Schreyer Honors College scholar pursuing a major in Astronomy & Astrophysics. Cecilia is the founder and current president of the Penn State Pulsar Search Collaboratory. She has been participating in pulsar research continuously since December of 2009, co-discovering pulsar J1930-1852 with the widest orbit ever observed around another neutron star, competing in the International Space Olympics held in Russia, and co-authoring her research in the Astrophysics Journal. Cecilia is a mental health activist in fighting against the negative stigma towards mental illness. She is the founder and chief executive officer (CEO) of the soon to launch non-profit Students With Schizophrenia which is the only non-profit in the United States focused on empowering college students with schizophrenia.
This talk was given at a TEDx event using the TED conference format but independently organized by a local community. Learn more at http://ted.com/tedx

Hirschhausen in der Psychiatrie (2017) Schizophrenie, Depression {26:39}

Veröffentlicht am 07.09.2017
Lieber Medizin  
Die tag7-Reportage Reihe "Hirschhausen" ist wohl das Persönlichste, das der Arzt, Autor und Moderator je für das Fernsehen gemacht hat, denn kurz vor seinem 50. Geburtstag stellt sich Eckart von Hirschhausen den Kernfragen des Lebens.
Auf der Suche nach Antworten verbringt er für diese Folge drei Tage in einer Psychiatrischen Klinik in Berlin. Dort trifft er auf Menschen, die an den psychischen und physischen Herausforderungen in der Mitte des Lebens gescheitert sind. Ängste, Burnout und Depressionen - Befunde, die jeden treffen können und deshalb Angst machen.
Als Arzt liegen Eckart von Hirschhausen psychische Krankheiten und deren Therapie besonders am Herzen: "Mir ist vielleicht bewusster als anderen, dass diese Erkrankungen Teil unseres Lebens sind. Und das heißt natürlich auch für mich, dass ich grundsätzlich auch gefährdet bin. Wenn man sich den Fuß bricht, geht man ins Krankenhaus und wenn die Seele einen Knacks hat? Dann auch! Wo ist das Problem?"
Die Psychiatrie ist nicht nur ein Ort des Scheiterns, sie verspricht auch Heilung. Im Gespräch mit Medizinern und Patienten lernt Eckart von Hirschausen, wie Betroffene aus der seelischen Erkrankung zurück in ein neues Leben finden.

Leben mit BORDERLINE (Folge 1/5: Muss ich Angst vor der Psychiatrie haben?) {9:11}

Veröffentlicht am 05.05.2017
Die Frage  
Mit 13 ging es bei Jenny los: Hass auf ihren Körper, Selbst-Verletzung, Magersucht, Depressionen. Jenny versuchte sich sogar das Leben zu nehmen. Später endlich eine Diagnose: Borderline-Störung. Seitdem weiß Jenny, dass sie ihre Krankheit ein Leben lang begleiten wird, aber sie hat einen Weg gefunden das Beste daraus zu machen. Ich begleite sie einen Tag, weil ich verstehen möchte, was die Krankheit mit ihr gemacht hat.
Folge 1 der Doku "Muss ich Angst vor der Psychiatrie haben?“
Zu Folge 2 geht's hier lang: https://youtu.be/yYwGVyXikrE
Zu Folge 3 hier lang: https://youtu.be/yU_HMvBO6uY
Zu Folge 4 hier lang: https://youtu.be/g8WACQMkAmU
Zu Folge 5 hier lang: https://youtu.be/64xYu2U74kE
Und zum Q&A zur Psychiatrie hier lang: https://youtu.be/8Go9YVs_duw
Noch ein wichtiger Hinweis
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Wenn ihr euch selbst betroffen fühlt und Hilfe braucht, meldet euch bitte bei der Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Hotline 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 könnt Ihr jederzeit anrufen: kostenlos und anonym. Noch mehr Infos findet ihr hier: http://www.br.de/puls/themen/leben/di...
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Folgt mir auch auf Facebook: https://www.facebook.com/DieFrage/


siehe auch:

Pink Floyd - Brain Damage & Eclipse (Early Mix 1972) Original video {5:29}   Lyrics (Songtexte.com)   Übersetzung (Songtexte.com)   Interpretation

Veröffentlicht am 13.10.2011
gilkesisking  
From The Dark Side Of The Moon Immersion box Set
Short Video I put together, Credit to the following movies, The Cabinet of Dr. Caligari, Scanners, Full Metal Jacket, Battleship Potemkin, The Shining and Zabriskie Point.
Other Credits, The BBC, Sky News, QVC, New York Post and the great people of Youtube!.....
And not forgetting Pink Floyd!

aktualisiert am 11.10.2017

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